Gestern jährte sich die Uraufführung Beethovens 9. Sinfonie auf den Tag genau zum 200. Male. Aus diesem Anlaß wurde die Sinfonie in Leipzig, Paris, Mailand und Wien aufgeführt; auf ARTE, dem deutsch-französischen Gemeinschaftssender, wurde daran anschließend jeweils ein Satz aus einer Stadt ausgestrahlt. Viel Tamtam um eine Sinfonie, von der viele glauben, daß sie den Gipfel der Musik darstellt. Beethoven hat sie dem König von Preußen Friedrich Wilhelm III in tiefer Ehrfurcht gewidmet;- was aber niemanden stört, und so haben sich die unterschiedlichsten Organisationen, die mit Königshäusern im Allgemeinen oder mit dem König der Preußen im Besonderen nichts am Hut haben, die Sinfonie angeeignet, etwa die EU als Europahymne. Denn diese Ode an die Freude richtet sich genau an die Ideale, die man hochhält: der Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit; – und jeder kann mitsummen, Leonard Bernstein bezeichnete sie als Kaffeehausmusik, sowas eint. Hört man genauer hin, wird die Sache vielschichtiger: die Entsetzensfanfare, die mit einem gebieterischen „Freunde! Nicht diese Töne“ gestoppt wird; die Reprise, die nach Verzweiflungsschrei statt Jubellied klingt; und der Schluß, der die schönen Worte in gewaltigem Getöse versinken läßt; – sind ein paar der Stellen, die dagegensprechen, daß es sich hierbei um hymnentaugliche Gebrauchsmusik handelt. Beethoven stellt der freudvollen Stimmung der besungenen Ideale der Französischen Revolution eine gewalttätige und aufbrausende Musik gegenüber, die die Sumsum-Melodie immer wieder unterbricht und schlußendlich ins Chaos stürzt, ganz wie Napoleon Europa ins Chaos gestürzt hat. Ich glaube nicht, daß es im Sinne Beethovens ist, wie seine Musik heutzutage gebraucht wird. In der Aufklärung steckt bereits ihr Gegenteil, die Barbarei, in der Toleranz keimt die Intoleranz. Und so sind ja die Ideale der Französischen Revolution rasch in die Brüche gegangen. Nicht dafür, daß man diese im nächsten Projekt wieder aufleben läßt, hat Beethoven diese Musik geschrieben.
Trotz dieser nachdenklichen Worte gab es heute etwas Feines zu essen: Spargel mit Orangensoße und Haselnuß-Granulata nach einem Rezept von Bettina Matthaei in Prof. Dr. Sven Voelpel „7 Jahre jünger in 7 Wochen“, S. 129.




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