Hühnerherzen mit Polenta / Bordeaux / Cannabis / Wambacher

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Hühnerherzen mit Polenta und einer Balsamicosoße. Dazu braucht es einen kräftigen Wein als Gegenpol: Domaine de Cambes, Bordeaux, 2020, Familie Mitjavile. Das Anbaugebiet dieses Weines liegt gleich neben dem des Roc de Cames, aber eben schon jenseits der Grenze der Côtes de Bourg, einem der klassischen Weinbaugebiete des Bordeaux, und ist damit bedeutend erschwinglicher als der Roc de Cambes. Er erfüllt somit den Wunsch vieler Weintrinker nach einem guten Wein zu einem vernünftigen Preis.

Dieser Bordeaux wurde mit 94 Vinous-Punkten bewertet. Man sollte von der Unsitte Abstand nehmen, welche amerikanische Weinkritiker wie Robert Parker eingeführt haben, die jeden Wein mit Punkten versehen, als ginge es um eine Art Wettrennen, indem irgendein Pokal zu erringen wäre. Punkte für einen Bordeaux zu vergeben, ist in etwa so sinnvoll, wie eine Sinfonie nach Punkten zu bewerten. Als lägen Beethovens Siebente, Schuberts Unvollendete, Mozarts Neununddreißigste und Bruckners Achte alle irgendwo zwischen 90 und 95 Punkten1. Man kann ein Mysterium wie Wein weder mit Worten fassen noch in eine punktuelle Rangordnung bringen. Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen, so Wittgenstein2 und damit hatte er vollkommen Recht.

Rezeptidee Hühnerherzen mit Polenta

P o l e n t a Champignon halbieren, ohne Fett in Bratentopf anbraten. Fein gehackte Schalotten und Olivenöl dazu geben. Hell anschwitzen lassen. Mit Hühnerbrühe aufgießen, aufkochen. Salzen und getrocknete gehackte Rosmarinnadeln einrühren und die Polenta in die heiße Brühe hineinrieseln und durchrühren. Zudecken, vom Herd nehmen und ein paar Min. ziehen lassen. I n   d e r   Z w i s c h e n z e i t die geputzten Hühnerherzen in Gänseschmalz anbraten. Feine, in Scheiben geschnittene Schalotten dazu geben, salzen, kurz mitbraten, dann den Herd zurückdrehen. Butter hineingeben und aufschäumen. Honig hineingeben, karamelisieren lassen. Dann mit Balsamicoessig aufgießen, einköcheln lassen. A n r i c h t e n  Gehackte Petersilie dazugeben und durchschwenken. Polenta nochmal kurz erwärmen. Butter und geriebenen Parmesan einrühren.

AHKG

Cannabis

Nun also hat die deutsche Bundesregierung Cannabis freigegeben. Freudentänze auf den Gängen des Bundestages. Wahrscheinlich läßt sich nur eingeraucht der Absturz der deutschen Wirtschaft ertragen.

Der Wambacher

Dem Heurigenrestaurant Wambacher mit seiner 170-jährigen Geschichte droht die immerwährende Schließung. Neue Wege wurden beschritten. Auch ich habe dort Fish & Chips gegessen. Aber wahrscheinlich läßt sich mit Fish & Chips kein echter Wiener Heuriger betreiben. An das Gasthaus im Matschakerhof in der Spiegelgasse, das über Jahrhunderte hinweg existierte, erinnert heute nur mehr indirekt eine seitlich angebrachte Gedenktafel: Franz Grillparzer war da einst Stammgast. Jahrzehntelang wurde der Wambacher von den Angestellten des darob liegenden ORF-Küniglbergs frequentiert. Ob da mal eine Gedenktafel dran kommt, um an eine ORF-Berühmtheit zu erinnern, darf bezweifelt werden.


1 Roger Scruton, Ich trinke, also bin ich, 2010, S. 45

2 Ludwig Wittgenstein, Tractatus logicus-philosphicus, 1921

A Celebration of the Gods

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Weine aus Frankreich sind die besten! Warum das so sein soll, dafür habe ich nun eine Erklärung in einem Buch gefunden, die mir glaubwürdig erscheint. Denn nicht so sehr auf den Boden kommt es an, wie die Terroiristen meinen oder die Traube, wie die Garagisten sagen. Ein großer Wein ist immer eine kulturelle Leistung etwas, das weder Protestanten, Atheisten oder im Glauben noch ungefestigten Menschen gelingt; denn er steht und fällt mit dem Überleben der lokalen Götter. Es zählt zu den großen Leistungen der katholischen Kirche in Frankreich, daß sie den gebeutelten Gottheiten des Altertums Asyl gewährt hat, sie hat sie in die Tracht der Märtyrer und Heiligen gesteckt und mit jenem Getränk gefeiert, das diese einst vom Himmel zu uns auf die Erde gebracht haben. Das ist, in aller Kürze, der Grund dafür, daß französische Weine die besten sind1. Na wenn das keine Erklärung ist, dann weiß ich auch nicht. Das ist mal eine Ansage!

Dazu fällt mir ein, daß Wein, der einem am Urlaubsort geschmeckt hat und von dem man sich ein Flascherl für zu Hause mitgenommen hat, dann zu Hause im Vergleich dazu fad schmeckt. Das mag eben daran liegen, daß es nicht nur am Wein sondern auch am Umfeld liegt, warum einem der Wein schmeckt. Dieses Umfeld, das schwer greifbar ist und so viel ausmacht, mit den Göttern zu erklären, hat etwas für sich. (Die alten Götter, denen man Asyl gewährt hat, sind zu Hause nicht mehr anwesend.) Nicht umsonst war Dionysos der Gott, für den die Athener Volksfeste veranstalteten.

Früher kannte jeder Heurige seine Heiligen, wie überhaupt Wien ein Ort des Weines ist, wo der Wein besonders gut schmeckt. Vereinzelt erinnern noch heute mitten in den Weingärten Marterln oder Kapellen2 an die alten Heiligen so wie die Urbanuskapelle, die mitten in den Weingärten steht, in der Nähe von Baden bei Wien. Urbanus ist der Patron der Weinberge. Längst verschüttet ist das Wissen um die wohltuende Wirkung des Weines, auf das Gemüt, die versöhnliche Wirkung, die der Wein, in Maßen genossen, hat. In Wien da ging man nicht einen trinken, oder einen heben; – da pilgerte man zum Heurigen, draußen in Grinzing oder Hernals und Ottakring. In einigen Lokalen war es Brauch, ein wenig mitzusingen, wenn die Schrammeln zum Tisch kamen3, bei der Starezek, bei der Zehner-Marie. Und dazu trank man ein Viertel Wein. Und die Kinder bekamen ein Kracherl.

Es kommt sehr auf das Umfeld an, das um den Wein herum. Oder wie es Joe Zawinul einmal ausgedrückt hat4:

Den besten Rotwein es gibt,
bei unserem Wiener Liedsänger Hansl Schmid.

Joe Zawinul, 24. 4. 1956

Wein hat eine versöhnliche Wirkung auf den Menschen, selbst bei unterschiedlichen politischen Anschauungen entfaltet er seine Wirkung. Das Freuen am Erfolg des Anderen, an seinem Besitz, an seinem Talent, ohne Neid, sind Wirkungen des Rebensaftes. Mit Recht wundert sich Roger Scruton über zwei Weinbauern, die sich gegenseitig nicht den geringsten Erfolg gönnen. Aber es kommt eben nicht nur auf den Wein an, den man trinkt, auch das Umfeld spielt eine Rolle, und – man möge es ihm zugute halten, Roger Scruton war ja nie in Wien. Er hat nicht die leiseste Ahnung, wie sehr in der Weinstadt Wien der Wein seine Wirkung entfaltet, etwa die daß man jemand etwas gönnt. Sonst wäre der österreichische Staatsvertrag, der die Neutralität garantiert, nie zustande gekommen. „Jetzt noch die Reblaus! Dann sans wach.“ flüsterte der trinkfeste Figl dem mit der Zither spielenden Raab zu, während der sowjetische Gesprächspartner in Tränen ausbrach. Ob‘s wahr ist oder nicht, es könnte so gewesen sein. Eine Legende, bestimmt. Aber so ähnlich war’s wahrscheinlich wirklich.

Rezept Hühnerkeulen mit Patatas und Gurkensalat

H ü h n e r k e u l e n Geräuchertes Paprikapulver, Piment, Salz und geriebene Knoblauchzehen mit Olivenöl zu einer Paste vermischen und damit die Hühnerkeulen marinieren. Über Nacht ziehen lassen. P a t a t a s  Dann die Kartoffeln schälen und würfeln. Mit Olivenöl und Salz vermischen. Beides – Kartoffelwürfel und  Hühnerkeulen – auf ein Blech legen und bei 180°C 40 Min. im Backrohr braten. A n r i c h t e n Dazu einen Gurkensalat in einer Joghurt-Knoblauch-Dille-Marinade machen und servieren.


Wein: Grand vin de Bordeaux, Pomerol, 2020, Christian Moueix.

Weinglas: Bordeaux-Glas, Zalto, Denk’art.


1 Roger Scruton, Ich trinke, also bin ich, 2010, S. 52

2 http://www.Marterl.at

Urbanuskapelle

3 Harry Glöckner, Hansl Schmid Der letzte Herr des Wienerliedes, 1983, S. 64

4 ebda, unter Gästebuch

Braten und Co

Die Sonne wärmt, ein laues Frühlingslüftchen weht, der erste freundliche Tag seit langem. Da sind die Grillabende nicht mehr weit. Dergestalt in Stimmung versetzt wurde umdisponiert und es kam zu einem spontanen Mangalitzaschopfbraten in der Pfanne gebraten, mit gebratenen Erdäpfeln und gegrillten Paprikastreifen mit Limettensaft, Olivenöl, geriebenem Knoblauch und Salz vermischt. Aus dem Gefrierschrank holten wir die Café de Paris-Butter hervor und dazu gesellte sich ein Saint-Emilion Grand Cru: Haut Roc Blanquant, 2016. Ausgezeichnet, deliziös, etwas das den Genuß in unverhoffte Höhen schraubt abseits kalorienarmer Salate, die der Figur und der Gesundheit zupaß wären. Aber man kann halt nicht alles haben, und wie ein italienisches Sprichwort sagt, „Non è possible di avere le botte piena e la moglie ubriaca.“ – „Man kann nicht gleichzeitig das Faß voll und die Ehefrau betrunken haben wollen.“