Heute feiern wir den Kaffeehausliteraten Peter Altenberg, heute vor 100 Jahren ist er verstorben. Obwohl ihm sein Geigenlehrer Genialität ohne Fähigkeiten beschieden hat, er bei der Matura durchgefallen ist, sich mit literarischen Miniaturen sein Leben verdingte, aber kein größeres Werk entstand, war ihm ein Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof sicher, Gegenstände seines Zimmers im Graben-Hotel aus dem Nachlass wanderten in das Historische Museum der Stadt Wien, eine Altenberg-Figur sitzt heute im Café Central, wo er früher regelmäßig anzutreffen war. Und wenn nicht, dann war er auf dem Weg dorthin. Von ihm sind Aussprüche erhalten geblieben, die ins Wiener Unterbewusstsein gesickert sind. Man weiß zwar nicht, von wem das ist, aber es kommt einem so bekannt vor. „Für mich ist es am schönsten im Kaffeehaus. Man ist nicht zu Haus und doch nicht an der frischen Luft.“ oder „Später ist zu spät“. „Ich bin heute ausnahmslos für Niemanden zu sprechen.“ hat es auf eine Magnettafel geschafft, die in der Hermesvilla im Lainzer Tiergarten verkauft wird, so kann sichs nun jeder an die Tür kleben, wie schon seinerzeit Altenberg. „Wehe der Nachkommenschaft, die Dich verkennt!“, mit diesen drohenden Worten beendete Karl Kraus seine Grabrede. Davon kann nun wirklich keine Rede sein, wenn sogar auf einem Kochblog ein Nachruf erscheint.
Ausgerechnet mit seinem Deutschaufsatz ist Peter Altenberg bei der Matura durchgefallen. Thema war „Der Einfluss der Neuen Welt (Amerika) auf die alte“. Altenberg schrieb ein einziges Wort hin, „Kartoffel“, womit offenbar alles Wesentliche gesagt war. Altenberg hat die Matura im zweiten Anlauf geschafft. Alleine diese Episode aus jungen Jahren ist so typisch Altenberg. Der prägnante Stil blieb ihm erhalten, alles Ausufernde lag ihm fern, und nur ja keine Kompromisse eingehen. Ein Bohemien, ein Dichter, ein Schnorrer. Altenberg, würde er heute leben und seine Exzerpte im Internet absondern, hätte wohl ein ähnliches Schicksal ereilt. Er wäre bei den Suchmaschinen durchgerasselt, zu kurz sind seine Texte. Von den Vorschriften der SEO hätte er sich nicht verbiegen lassen.
„Es ist traurig, eine Ausnahme zu sein. Aber noch viel trauriger ist es, keine zu sein.“ (Peter Altenberg)
Quellen
Schöne Hommage an einen echten Wiener!
Eigentlich hätte er für seine Kartoffel eine Eins verdient, der Herr Altenberg. 😊
In der Kürze liegt die Würze!
Tja ein verkanntes Genie… andererseits: Antonin Dvorak ist gleich eine ganze Symphonie eingefallen zu dem Thema, „Aus der Neuen Welt“. Aber der war ja schon ein Stück älter. Und nach einem jahrelangen Aufenthalt in den USA hat er mehr Kontakt mit der Neuen Welt gehabt als ein Gymnasiast in Wien.
Guter Punkt, lieber Christian. Aber einer war halt ein verspielter Musiker, der andere ein lakonischer Schriftsteller.
Ein Genie, dieser Herr Altenberg, der wahre Worte spricht. Kurz, aber treffend.
Ein frohes neues Jahr und noch einen schönen Abend, wünscht dir, lieber Christian, Roswitha.
Seine Sätze waren so gefasst, dass sie für jeden einleuchtend waren, wodurch sie Erkenntnisse schufen, die sich bei Texten von anderen auch nach längerem Nachdenken nicht einstellen wollen. Viel schreiben ist noch keine Kunst.
Ich wünsche Dir auch ein frohes neues Jahr, und einen schönen Abend, Christian
Danke, für deine Wünsche, lieber Christian.