Kaiserschöberl

Kaiserschöberl

Auf S. 153 in dem famosen Buch von Ingrid Haslinger „Otto Desbalmes, Aus dem Leben eines k.u.k. Hofkochs“ steht die Originalrezeptur der Kaiserschöberln, einem Rezept aus der Zeit, als sowohl die Habsburgermonarchie als auch die Wiener Küche ihre Hochblüte erlebten.

Das Rezept dieser Suppeneinlage wurde von Friedrich Hampel aufgezeichnet, geb. 1868 in Falkenau (Tschechien). Er war der einzige der Köche am Habsburgerhof, der Rezepte der Hofküche damals in Büchern veröffentlichte (S. 114). Leider findet sich keine Erklärung dafür, warum die Kaiserschöberl so genannt wurden. Jedenfalls ist die Beigabe von Erbsen das Erkennungszeichen dafür, daß es sich tatsächlich um Kaiserschöberln handelt. Wären stattdessen Schinkenstücke beigemischt, hießen sie Schinkenschöberl, so steht es in Friedrich Hampels Aufzeichnung.

Alles Walzer!

REZEPTUR KAISERSCHÖBERL

Zwei Semmeln von letzter Woche in Scheiben aufschneiden. In Milch einweichen. Zwei Eier trennen, den Dotter mit 30g weicher Butter schaumig schlagen. Das Eiweiß mit einer Prise Salz steif aufschlagen. In der Zwischenzeit die weich gewordenen Semmeln ausdrücken. Die Semmeln zur Dotter-Butter-Mischung geben. Salz, Muskatnuß und gehackte Petersilie dazugeben, verrühren. Mit dem Handrührgerät verrühren. Das steif geschlagene Eiweiß mit dem Gummihund unterheben. Zum Schluß die Erbsen einstreuen. Alles in einer mit Backpapier ausgelegten ofenfesten Form verteilen. Bei 180° etwa 10 bis 15 Min. backen. Herausnehmen und auskühlen lassen. In Rauten schneiden.


Dieses Rezept entspricht nicht den Aufzeichnungen Friedrich Hampels im Haslinger-Buch. Die Schöberl wurden modernisiert, etwa kommt kein Mehl rein.

Das Magere Meisl – Die Rindfleischküche

Der Tafelspitz ist ja nur eines der Fleischstücke vom Rind, das man kochen kann. Für die Wiener Küche besteht ein Rind zum überwiegenden Teil aus zu verkochendem Rindfleisch, nur Lungenbraten, Beiried und Rostbraten1 eignen sich ausschließlich zum Braten. Die Auswahl an Fleischstücken ist groß; welches Stück man nun zum Kochen nimmt, hängt vom persönlichen Geschmack ab: will man es eher trocken, saftig oder fett? Wenn man sich dann noch die mannigfaltigen Zuspeisen vor Augen hält, wird vorstellbar, daß es einmal eine Zeit gab, in der man sich oft von Rindfleisch ernährt hat: 100 kg pro Kopf waren es 18282. Kaiser Franz Joseph aß jeden Tag seinen Tafelspitz. Wir haben uns ein mageres Meisl ausgesucht, einen Muskelstrang, der durch seine rötliche Farbe heraussticht, es ist eher trocken, fest und ohne Fett, deshalb muß eine Soße dazu.

Grazer Schöberl für die Suppe (Rezept)

Die Rindsuppe entsteht aus dem Kochen des mageren Meisls.

Eiklar mit Salz mit dem Handmixer zu steifem Schnee schlagen. Mehl und Dotter unterheben. Die gekochten Erbsen daruntermischen. Das Backblech haben wir mit dem heruntergetropften Fett von den Schweinsbrüsteln eingefettet und bemehlt. Die Masse aufstreichen und bei 180° 12 Min. backen. Auskühlen lassen. Aufschneiden.

Inspiriert von Ingrid Haslinger: Tafelspitz & Fledermaus, Die Wiener Rindfleischküche, 2015, S. 46

Shiitake-Pilzsoße auf die Wiener Art (Rezept)

Von der Art des Rindfleisches hängt die Zuspeis ab, da das Meisl mager ist, kommt also eine Soß‘ dazu: Shiitake-Pilzsoß auf die Wiener Art, dazu gekochte Erdäpfel.

2 feingehackte längliche Schalotten in 80 g Butter anlaufen lassen, 40 g Mehl dazu geben, einige Zeit köcheln lassen und verrühren, etwa 15 Min. bis der Mehlgeschmack weg ist. Mit etwa ½ L Rindsuppe aufgießen. Aufgeschnittene 200 g Shiitake-Pilze dazugeben, mit Salz abschmecken.

Inspiriert von Ingrid Haslinger: Tafelspitz & Fledermaus, Die Wiener Rindfleischküche, 2015, S. 103: „Soße zum Rindfleisch“ dort werden allerdings Morcheln verwendet.

Nach der Suppe hat man den Hunger hinter sich und die Muße, sich dem Appetit zu widmen.

Ludwig Plakolb zitiert in Haslinger, 2015, S. 26

Beim Lesen des Buches von Ingrid Haslinger merke ich erst, wie tief ich in dieser Stadt verwurzelt bin. Suppe habe ich schon als Kind gern gehabt; und in Wien wurde die Suppe, vor allem die klare Rindsuppe, schon vor langer Zeit zum Lieblingsgericht vieler Österreicher. Deshalb hat sich die französische Küche bei uns nie so richtig durchgesetzt, mit ihren appetitanregenden Vorspeisen. In Wien kam man gleich zur Sache, man hatte Hunger, wollte was essen, und das bedeutete, die Suppe muß her. Die Suppe wird in Wien als ein eigenständiges, vollwertiges Gericht betrachtet, die ernähren soll. Deshalb gibt es auch so viele satt machende Beilagen zur Suppe: Grießnockerl, Eierstich, Frittaten, Schöberl, Leberknödel, usw. Nach der Suppe, wenn der Hunger gestillt ist, hat man Zeit und Muße, den nächsten Gang zu genießen. Und genau nach diesem Prinzip funktioniert das gekochte Rindfleisch, sei es ein Tafelspitz, ein Kruspelspitz oder sonst ein Rindfleischstück. Rindfleisch wird gekocht und daraus ergeben sich zwei Speisen: einmal die Suppe und weiters das Rindfleisch.

Gekochtes Rindfleisch ist die Seele der Wiener Küche.

Joseph Wechsberg, 1907 – 1983

Zum Kochbuch „Tafelspitz & Fledermaus“

Eigentlich ist das genau so ein Kochbuch, wie ich mir das vorstelle: das ist kein Kochbuch jener Machart mit vielen Bildern und wenig Rezepten, wie das heutzutage en masse vorkommt. Hier ist es wohltuenderweise genau umgekehrt: viele Rezepte und wenig Bilder, interessante Abbildungen und historische Aufnahmen, wie der Speiskarten vom Meissl & Schadn anno 1923, dem „Mekka der Rindfleischesser“ (Friedrich Torberg) oder dem imposanten Bau des Hotel-Restaurants „Österreichischer Hof“, der einst die Ecke Fleischmarkt/ Rotenturmstraße schmückte. Das kann man sich gar nicht vorstellen, wie das einmal war. Und es ist gespickt mit Hintergrundinformationen, wie daß es einmal eine Zeit gegeben hat, in der das Beinfleisch teurer war als der Tafelspitz und daß es Leute gegeben hat, die lieber das Beinfleisch vom Knochen abnagten, als das Herzfleisch zu essen, oder dem k.u.k Schweinekrieg, der im Vielvölkerstaat losbrach und zu hohen Preisen führte. Hier gibt es viel Erstaunliches aus der „Welt von Gestern“ (Stefan Zweig) zu lesen; kein Wunder, daß man das alles hier erfährt: ist doch Ingrid Haslinger eine Historikerin, die das Faszinosum Wiener Rindfleischküche mit einer beeindruckenden Fachkundigkeit behandelt und das auf amüsante und lockere Art – in einer Sprache, wie man es gerne liest, ohne Eindruck zu schinden. Gedruckt auf griffigem Papier, das sich sehr gut anfühlt… auch das: ein Pluspunkt. Dieses Buch nimmt man gerne zur Hand. Ein Buch für feinschmeckende Bücherliebhaber und Bücherliebhaberinnen.

1 Haslinger, 2015, S. 67

2 Haslinger, 2015, S. 16

Literatur:

Ingrid Haslinger: Tafelspitz & Fledermaus, Die Wiener Rindfleischküche, 2015

Ich halte das alles für einen schweren Irrtum.

Ein Gastrosoph über die kulinarische Entwicklung in den letzten Jahren.

Im Internet habe ich ein Rezept von einem mageren Meisl gefunden, das wie ein Steak gebraten und dann mit Rotwein und dem abgelöschten Bratenrückstand übergossen wird. Das kann man machen, das Fleisch eignet sich sogar dafür. Aber daran erkennt man halt auch, daß kaum jemand mehr über die subtilen Vorzüge des Rindfleischkochens Bescheid weiß. Ich komme immer mehr zu der Überzeugung, daß es früher besser war.

https://frischgekocht.billa.at/rezept/mageres-meisel-in-rotwein-mit-pilzroulade-BI-18511