Mit Eiergraupen, Speck und Paprika und einer Paprikawurst, der Kolbász, mit anderen Worten, mit allem, was die Puszta so zu bieten hat. Man erkennt schon, es kann sich nur um ein ungarisches Gericht handeln: Graupen nach der Art der Hirten, folgerichtig nennt es sich auf Ungarisch Pásztortarhonya, denn der Pastor ist der Hirte.
Tarhonya
Heute findet man die Eiergraupen kaum mehr, zumindest bei uns. Aber in Ungarn sind sie bis heute noch gang und gäbe. Dort heißen sie Tarhonya. Szeged ist das bekannteste Herstellungsgebiet für Eiergraupen, die Frauen dort haben sich einen Namen gemacht, in der Kunst des Graupenmachens: ihre Eiergraupen sind besonders klein und rundlich.
Die Eiergraupen können in Ungarn auf eine rühmliche Vergangenheit zurückblicken: Seit Anfang 1600 kennt man sie schon, nach der großen Flutkatastrophe 1879 bewahrten sie die Bevölkerung vor Hungersnöten. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden in Szeged und Umgebung einige tausend Tonnen Eiergraupen gemacht, natürlich alles in Handarbeit. Im Jahr 1928 waren es 100 Waggons voll beladen mit Eiergraupen. Die Tarhonya wurden immer beliebter. 1933 wurde sogar ein „Tarhonya-Kongress“ eingeführt, der es sich zur Aufgabe machte, die Tarhonya weiter bekannt zu machen. Móra Ferenc, ein ungarischer Schriftsteller, und seine Frau gaben ein Kochbuch heraus, unter anderen mit Rezepten rund um die Tarhonya, wie etwa das „Tarhonya bécsi szelet“, also Tarhonya mit Wiener Schnitzel, nur süß! Vor einigen Jahren wurde ein Festival für die Eiergraupe gegründet, das alljährlich in Szeged abgehalten wird, das XIV. Tarhonya-Fest findet dieses Jahr am 30. Juni statt.
Mit den Tarhonya hat Ungarn eine verläßliche Nahrungsmittelreserve mit einer langen Haltbarkeit, die man für schlechte Zeiten gut einlagern kann. Hätten die Franzosen die Tarhonya früher gekannt, möglicherweise wären bei der Belagerung von Paris 1870 die Tiere im Pariser Zoo verschont geworden, Herr Parmentier hätte in der Hungersnot von 1769 die Kartoffel nicht angepflanzt, um daraus Brot zu backen. Der Siegeszug der Kartoffel wäre damit vielleicht ausgeblieben. Das wäre zwar schade gewesen, aber sie hat auch einiges verdrängt. Nur in Ungarn erfreut sich die Eiergraupe bis zum heutigen Tag ungebrochener Beliebtheit.
Angeblich kann man die Eiergraupen leicht selbst herstellen. Das heißt, man könnte – wir haben Gekaufte aus Ungarn verwendet. Man benötigt Mehl, Eier und Wasser und ein Sieb, um den Teig durchzudrücken. Am wichtigsten aber ist, die Eiergraupen in der Sonne langsam trocknen zu lassen. Darauf haben die Frauen von Szeged extra hingewiesen.
Weiterführende Links:
Emailleschild mit Graupen: http://www.schilderjagd.de/das-kuechenschild-der-kuechenschilder/
Diese Merktafel mutet wie eine Vorwegnahme auf das Internet of Things an, eine Art überdimensionaler Amazon Dash Button, nur ohne Verbindung.
Zur Geschichte der Tarhonya (ungarisch): https://hu.wikipedia.org/wiki/Tarhonya
Das Tarhonya-Festival (ungarisch): https://www.facebook.com/events/780567705482072/
Foto mit Graupensieb (ungarisch): https://szegedma.hu/2008/08/tarhonyafesztival-szeged-tapen
Geschichte zu Tarhonya (ungarisch): http://www.torzsasztal.com/barta-gasztrofolklor/tarhonya.html
Parmentier und die Kartoffel: https://de.wikipedia.org/wiki/Antoine_Parmentier
Belagerung von Paris: https://de.wikipedia.org/wiki/Alexandre-%C3%89tienne_Choron_(Koch)
Rezept Graupen nach der Art der Hirten
Mangalitza-Speck und geräucherten Speck würfeln und in der Pfanne auslassen. Fein gehackte Zwiebel (1 Stück) dazu und anschwitzen. Danach Tarhonya (25 dkg) dazugeben und ein paar Minuten anrösten. Rote und grüne Paprika würfeln. Wenn Tarhonya golden sind, Paprika reingeben und ein paar Minute mitschwitzen. Vom Herd nehmen, Kümmel (1 EL) und rote Paprikapulver (1EL) einrühren und mit Gemüsesuppe aufgießen, bis die Tarhonya bedeckt sind. Wieder auf den Herd stellen und auf mittlerer Hitze leise köchelnd fertig garen. Das dauert zirka 20 Minuten, wenn Flüssigkeit verbraucht ist, nachgießen.
Wenn die Tarhonya bißfest sind, die in Ringe geschnittene Kolbász einrühren und mitgaren.
Zum Schluss 2 EL Sauerrahm einrühren.
Mit Essiggurken servieren.
Ich muss das mal nachkochen!
Kann ich nur empfehlen!
Bei uns in Norddeutschland versteht man unter Graupen zerquetschtes, gequollenes Gersten- oder Weizenkorn, heute nicht mehr als Armeleute-Brei, aber immer noch als unansehnliche glibberige Suppeneinlage bekannt, aber was für ein Unterschied zu diesen lieblichen kleinen Tarhonya-Eiernudelteigkörnchen – zum Glück kann man das Trockenprodukt hier inzwischen auch bekommen. 🙂
Tarhonya erinnert mich an Graupelschnee. Dass das Kleine und Runde als besonders gelungen gilt, machen sie mir erst recht sympathisch.