Jiddische Hühnerleberpastete wie im Gasthaus zur Dankbarkeit

Fotos und Text © 2023 https://kuechenereignisse.com

Fächer, Krone, Mütze, Sterne oder Schiff? Ich entschied mich für Fächer, um die neuen Stoffservietten einzuweihen und mit großen Augen sah ich zu, wie die Küchenfee den Fächer knetete. Die Stoffservietten kamen von TransGourmet, es sind also solche, wie sie auch in der Gastronomie verwendet werden. Anlaß für dieses aufsehenerregende Ereignis gab es genug: das Mitbringsel vom Gasthaus der Dankbarkeit, die Jiddische Hühnerleberpastete, wollte in gebührendem Rahmen verspeist werden. Die Brioche wurden selbst gebacken, aber nicht nach irgendeinem Rezept, sondern nach dem von Meinrad Neunkirchner. Dazu kam selbstgemachter Liptauer Aufstrich nach Art des Hauses, also mit echtem Brimsen, und eine Beerenauslese vom Grünen Veltliner (Weingut Peter, NÖ).

Es bereitet mir zu viel Aufwand, das Rezept vom Brioche hier wiederzugeben. Nur soviel: Es wird ein Dampfl ua. mit Germ und Zucker gemacht, das 20 Min. gehen gelassen wird; dann wird es verknetet, an dieser Stelle wurde der Ruf nach einer KitchenAid laut – und gehen gelassen. ca. 30 Min. Dann wird es in mehrere gleiche Teile geteilt und auf einem Backblech ausgelegt, und eine weiter halbe Stunde gehen gelassen, bis es endlich mit Dotter bestrichen gebacken wird,

Quellen:

Gasthaus zur Dankbarkeit         

Neunkirchner/Seiser                   So schmecken Wildpflanzen, 2020 (Brioche unter Grundrezepte)

Einmal Hölle und wieder zurück

Fotos und Text © 2023 https://kuechenereignisse.com

Ziemlich genau am selben Tag wie letztes Jahr hatten wir wieder eine Nahtoderfahrung, dieses Mal auf der Rückreise aus Podersdorf auf der S1, als ein Klein-LKW plötzlich vor uns stand auf der linken Fahrspur in einer Linkskurve, wir konnten gerade noch ausweichen und wurden hernach von diesem Klein-LKW verfolgt. Dieser war uns schon vorher aufgefallen, da er immer wieder Andeutungen nach rechts machte, als ob er einnicken würde, also ließen wir uns zurückfallen, und plötzlich stand er vor uns. Möglicherweise ist er mitten auf der Autobahn eingeschlafen, auch der Beifahrer, und unser Hupen hat ihn wieder aufgeweckt. Andere Verkehrsteilnehmer hatten auch einen höchst eigenartigen Fahrstil (anfahren bis man auf gleicher Höhe ist, dort bleiben und dann bremsen), doch der war das Schlimmste. Auch gab es wieder eine Anpöbelung, weil wir ein Wiener Kennzeichen haben, in der Hölle (Illmitz, Ortsteil Hölle) bei Schrittempo schrie uns eine entgegenkommende Radfahrerin etwas Unflätiges zu. Ehrlich gesagt, hat uns das die Stimmung ziemlich vermiest. Bis dahin hat es uns im Burgenland ganz gut gefallen. Doch so bald wird uns das Burgenland nicht mehr wieder sehen. Es ist wie russisches Roulette, es hat schon ein paar Mal Klick gemacht, doch war glücklicherweise keine Kugel im Lauf. Wir möchten das Glück nun nicht mehr herausfordern.


Unser Ziel war Podersdorf am See, wohin man zum Baden fährt, doch wir hatten einen anderen Grund, einen Feinschmeckergrund. Das Gasthaus zur Dankbarkeit befindet sich dort. Wenn man es nicht kennt, fährt man daran vorbei, es liegt an einer Kurve vor dem Ortsende, die aussieht wie in unzähligen anderen Orten. Doch wenn man einmal im Gastgarten ist, hört man von der Straße nichts mehr, außer wenn eine Kolonne Harleys vorbeidonnert, das ereignete sich aber nur einmal. Wir kamen pünktlich wie es sich gehört um 12:00 Mittags an, die Sirenenprobe heulte gerade los, Wir waren die ersten Gäste und so konnten wir uns den Tisch aussuchen. Wir nahmen unter einem der mächtigen Kastanienbäume Platz, sehr schattig. Hier ließ es sich aushalten, trotz sengender Hitze, man braucht keine Klimaanlage, ein Baum genügt.

Wir hatten vor, einmal die Speisekarte von ganz oben bis ganz unten durchzuprobieren: also begannen wir mit einem Aperitif, einem Vitamin-Cocktail alkoholfrei. Dann gab es einen Gruß aus der Küche, Aufstrich, Butter, Mangalitzawürste mit Brot, ich glaub es war auch ein Sauerteigbrot dabei. Mit Stoffservietten, die Kellner stehen am Rand bei der Kassa und doch in der Mitte und warten, bis sie gerufen werden, der Teller wird sofort abgeräumt, serviert wird ausschließlich von rechts, so stelle ich mir Wirtshauskultur vor.

Dann folgte die Jiddische Hühnerleberpastete mit Brioche, wegen der wir überhaupt gekommen waren. Sie war sehr fein, viel feiner als wir uns das vorgestellt haben, und auch gemacht haben, siehe hier. Dazu gab es eine Trockenbeerenauslese 1998, wir nahmen nur ein Glas für zwei.

Das Gasthaus zur Dankbarkeit haben wir entdeckt, als wir zur Jiddischen Hühnerleberpastete nachgeforscht haben, siehe hier. Als Mitbringsel haben wir zwei Gläser davon mitgenommen.

Dann folgte eine Krautsuppe wie ein Eintopf. Das könnte als vollwertige Mahlzeit durchgehen, mit Fleisch und so gut, Dann einmal die Mangalitza-Bratwürstel und einmal ein kleines Beuschel. Auch das ein Hochgenuß! Danach war mal Pause angesagt. Ich bestellte mir ein Glas Cuvée Wiedehopf, 2021, Pfirsich-Aromen, voll und rund. Dann ging es weiter mit einem geschmorten Steppenrind mit Paprika-Zucchinigemüse, wobei ich sagen muß, das Gemüse war ein Gedicht, das Fleisch natürlich auch, aber beim Gemüse hat es mich umgehauen. Die Küchenfee nahm die Eierschwammerl mit Rahmkohl und Grießlaibchen, auch sehr gut, ich kann es nicht beschreiben.

Die Nachspeisen waren auf einer eigenen Karte, darauf waren Schomlauer Nockerl. Das war es!


Ein Gast neben uns ließ sich die Rechnung kommen, mit den Worten „Herr Ober? … eine gnädige Rechnung bitte.“ Seit der Großen Inflation sind die Preise sehr gestiegen, nicht nur in der Gastronomie, ein 1-Liter-Tonkrug kostet nun 100 Euro, auch der halbe-Liter-Krug, wie man uns sagte. Sie würden von einer Frau gemacht, die sie 7 Tage lang im Ofen brennt. Wir konnten keinen Rabatt aushandeln (“Machen Sie einen anständigen Preis.“)  So blieb das Geld bei uns und der Tonkrug gehörte weiterhin der Dame.

Am Nachbarstisch war eine Damenrunde, sehr ausgelassen, aus deren Richtung vernahm ich das Wort „Fräulein?“. Lange nicht mehr gehört.

Gasthaus zur Dankbarkeit          https://dankbarkeit.at/

Ergänzung vom 4.9.2023 – Grüße aus Güssing

Nun hat uns auch noch eine Anonymverfügung aus dem Burgenland ereilt: 45 Euro wegen Schnellfahrens (86 km/h statt 70 km/h), außerhalb des Ortsgebietes, vor der Einfahrt nach Podersdorf, als wir auf dem Weg zur Dankbarkeit waren. Haben wir vermutlich übersehen, wir fahren so langsam, wie gesagt 86 auf der Bundesstraße, daß uns laufend Kfz überholen, vor allem die mit burgenländischem Kennzeichen, die fahren nämlich wirklich schnell… Aber dafür gibt es keine Nachsicht! Nicht im Burgenland! Dort wird gestraft! Gezählte zwölf Mal kommt in der Anonymverfügung das Wort Strafe alleine stehend oder im zusammengesetzten Hauptwort vor. Im Burgenland wird man ausgenommen wie eine Weihnachtsgans. An dem einzigen Tag, an dem wir dieses Jahr im Burgenland waren. Aber man muß ja nicht hinfahren.

Tafelspitz auf die Art nach Klingers Wirtshaus

Gekochter Tafelspitz mit Semmelkren, warmer (!) Schnittlauchsauce,  Gurkensauce und Erdäpfelschmarren. So empfiehlt Hedi Klinger den Tafelspitz in ihrem Kochbuch. Interessant daß man bei Hedi Klinger eine warme Schnittlauchsauce bekommt und keine kalte. In Wien etwa bei Plachutta ist die immer kalt. Nun mußte die Schnittlauchsauce im Backrohr warm gehalten werden und nicht kühlgestellt… Erdäpfelschmarren zum Tafelspitz ist nicht ungewöhnlich. Im Hotel Sacher wird der Tafelspitz stets mit gerösteten Kartoffeln serviert, siehe S. 219 im Sacher-Kochbuch von Maier-Bruck. Beilagen zum Tafelspitz gibt es etliche, dadurch gibt es genug Auswahlmöglichkeiten, wobei der Apfelkren eine immer wiederkehrende Konstante auf den Tellern ist – nicht so in Oberösterreich; dort kommt Semmelkren auf den Tisch. Der Kochsalat mit Erbsen und der Spinat kommen zwar bei Hedi Klinger auch nicht vor, sind aber meiner Meinung nach unverzichtbare Zuspeisen. Ob Thomas Bernhard, der Oberösterreicher, der auch viel in Wien verkehrte und in Klingers Gaststätte Stammgast war, seinen Tafelspitz mit oder ohne Kochsalat mit Erbsen verzehrte, wissen wir nicht und können auch nicht mehr befragen. Aber vielleicht können wir darüber etwas bei der Aufführung des Bernhardschen Stück: „Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen“ in Erfahrung bringen. Das spielt es diesen Monat in der Josefstadt; und Claus Peymann, der große Theaterregisseur, spielt sich selbst.

Der oberösterreichische Tafelspitz

Wir haben uns möglichst an die Rezepte gehalten, damit es möglichst authentisch oberösterreichisch wird… sogar der Tafelspitz war vom Sulmtaler Fleckvieh aus Oberösterreich. Den bekommt man in Wien bei der Fleischerei Ringl, in der Gumpendorfer Straße.

Tafelspitz auf die oberösterreichische Art (Rezepte)

Die Hälften von 2 großen Zwiebeln auf der Herdplatte, geschützt mit Alufolie, anbräunen. Den 2,7 kg Tafelspitz und das 0,8 kg Beinfleisch blanchieren und in kaltem Wasser in einem großen Topf mit den Zwiebelhälften und 2 Bund Suppengrün aufsetzen. 3 bis 4 Stunden leicht köcheln.

Wer die Beilagen nicht ehrt, ist den Tafelspitz nicht wert.

Beilagen:

  1. Für die Schnittlauchsauce wird eine helle Einbrenn (helle Mehlschwitze) gemacht, dann etwas Wasser aufgießen und mit Obers und Sauerrahm vermischen, dazu den Schnittlauch und abschmecken; und nicht so wie wir das gewohnt sind: mit in Milch eingeweichtem Toastbrot, hartgekochtem Ei und mit Öl aufgegossen.
  2. Für den Schmorgurkensalat Gurken schälen, entkernen und in 4 mm dicke scheiben schneiden, die Zwiebel in Butter anschwitzen, die Gurken dazugeben und durchschmoren. Abschmecken und Sauerrahm und Obers hineingeben, durchschmoren. Haben wir noch nie gehabt.
  3. Für den Semmelkren die Semmeln zerkleinern, salzen, Muskatnuß darüberreiben, mit Rindssuppe begießen, mit Butter, Sauerrahm und Obers verrühren. Frisch gerissenen Kren dazugeben, nach Maßen und Geschmack.
  4. Für den Erdäpfelschmarren heurige Kartoffeln kochen und auskühlen lassen, grob aufschneiden. Gehackte Zwiebel in Schweineschmalz anrösten, Erdäpfeln dazu und mitrösten. Zerstampfen.
  5. Für den Spinat eine Béchamelsauce machen: eine helle Einbrenn machen und mit Milch aufgießen, mit Salz und Muskatnuß abschmecken, den passierten Spinat dazugeben.
  6. Für den Kochsalat mit Erbsen  eine helle Einbrenn machen. Mit Rinderbrühe aufgießen. Kochsalat und Erbsen einrühren. Fünf Minuten leise köcheln lassen. Mit etwas abgeriebener Muskatnuß, Salz und Pfeffer abschmecken.
  7. Für den Kohlrabi eine helle Einbrenn machen und mit Rinderbrühe aufgießen, Sauerrahm einrühren, gewürfelte und blanchierte Kohlrabiwürfel dazugeben, abschmecken. Etwas köcheln lassen.
  8. Für den Apfelkren Apfel (wir hatten einen Topaz, man kann aber auch andere nehmen) abreiben und ohne Verzug Zitronensaft dazu geben. Das um zu verhindern, daß der Apfel braun wird. Dann gerissenen Kren einrühren.
  9. Für die Dillfisolen, helle Einbrenn machen, Rindsuppe aufgießen, Sauerrahm unterrühren und Fisolen dazugeben, abschmecken. Etwas köcheln lassen Mit Dille bestreuen.

Inspiriert von Hedi Klingers Klassiker der österreichischen Küche, S. 126 – S. 128. Wir konnten uns nicht zurückhalten, und haben noch ein paar andere Beilagen dazu gemacht. Bei Klinger hätte es noch eine Zwiebelsauce gegeben, aber die heben wir uns für das nächste Mal auf.

Einbrenn (Mehlschwitze)

Ohne einer hellen Einbrenn (Einmach, helle Mehlschwitze) geht es nicht: Butter oder Schweineschmalz in einem Topf erwärmen. Genauso viel Mehl wie Butter / Schweineschmalz dazu geben und mit dem Schneebesen verrühren und eine Viertelstunde bei niedriger Temperatur aufschäumen lassen, bis es ganz leicht angeröstet ist. Beim Rösten wird die Stärke aufgespaltet, wodurch der Mehlgeschmack verschwindet und gleichzeitig Röstaromen dazukommen. Damit kann man herrlich Saucen binden, aber auch Rahmfisolen, Kochsalat mit Erbsen, einen Kelch (Kohl auf Wiener Art), etc…. keine klassische Küche kommt ohne Einbrenn aus.

Es war mir das reinste Vergnügen!

Weinbegleitung:

Zahel, Ried Kaasgraben Nussberg, Wiener Gemischter Satz, 2018

Interessante Links:

http://www.gasthof-klinger.at/

https://www.josefstadt.org/programm/stuecke/stueck/claus-peymann-kauft-sich-eine-hose-und-geht-mit-mir-essen-1.html

http://www.fleischerei-ringl.at/index.html