Wiener Backhendl

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In Wien konnte man früher sechs Mal die Woche Rindfleisch essen, noch im 20. Jahrhundert, als die Rindfleischzeit im Abklingen war, wurde es drei Mal die Woche anempfohlen1. Sonntags gab es einen Braten oder ein Schnitzel… oder ein Backhendl. Selbst im „Meissl & Schadn“ stand auf der Speiskarte2 ein Poulet frit, also ein Backhendl;- und das war der Rindfleischtempel schlechthin in der damaligen Zeit. Auch heute findet sich das Backhendl in jedem gutbürgerlichen Wiener Gasthaus.

Wer ein Wiener Backhendl also Poulet frit à la Viennoise mit Pommes frites haben will, bedenke: zwei Mal fritiert ist ein Mal zu viel des Guten, da geht die Panier geschmacklich unter. Am besten schmeckt es ganz klassisch mit einem Kartoffelsalat, da kann das Backhenderl aufleben.

Nach gutem alten Brauch haben wir gleich ein ganzes Hendl gekauft, nicht nur die Schenkel;- solche Henderln, die nur Füße haben, gibt’s net. Zum Herausbacken wurden verwendet: die Flügerl, die Schenkel, die Brust, die Leber und das Herz. Mit den anderen Teilen wurde eine Suppe aufgesetzt, die gibt’s dann ein anderes Mal. Dann ist die Frage zu klären, ob man es lieber mit oder ohne Haut haben will. Klassisch ist‘s mit Haut, die Küchenfee mag es lieber ohne, also wurden ein paar Teile mit und ein paar ohne Haut zubereitet.


W i e n e r   B a c k h e n d l  Ein Backhendl machen geht ganz einfach, man zerlegt das Huhn mit einem Küchenmesser in vier Teile, beim Gelenk einschneiden und verdrehen. Salzen, in Mehl wenden und in zerklopften3 Eiern und in Semmelbröseln panieren, in Sonnenblumen-Bratöl (original wär das mit Schmalz gewesen) schwimmend herausbacken. Dazu Erdäpfelsalat und Vogerlsalat.


1 Ingrid Haslinger, Tafelspitz & Fledermaus, 2015, S. 73: „Hans Ziegenbein und Julius Eckel schlugen 1933 in ihrem Werk gekochtes Rindfleisch zwei bis dreimal die Woche vor.“

2 ebd. S. 75

3 Diesen Ausdruck „zerklopfte Eier“ habe ich im „Vom Essen auf dem Lande“, Franz Maier-Bruck, 1981, S. 595 gefunden; so stand es wohl in einem alten Kochbuch. Das Rezept ist sehr kurz gehalten, dafür gibt es mehr Text über die Geschichte des Backhendls. Wer das Rezept ausführlicher haben will, lese im „Großen Sacher-Kochbuch“ nach, ebenfalls Maier-Bruck, 1975. Dort wird alles ganz genau erklärt.

Die Provenzalische Knoblauchsuppe

Eine Suppe ist wahrlich nicht der Inbegriff von Ausschweifung und Dekadenz. Wir erinnern uns an den Koch im Band „Asterix bei den Schweizern“, der nur noch den Kopf schüttelt, ob der unendlichen römischen Dekadenz, der es nun nach gefüllten Giraffenhälsen und anderen extravaganten Leckereien, als ob das nicht genug wär, auch noch nach einer einfachen Gemüsesuppe gelüstet.

Besonders diese provenzalische Knoblauchsuppe, die wir heute zubereiten, ist an Schlichtheit nicht zu übertreffen und dennoch hat es diese Suppe in sich. Schon im Vorwort des Suppenkochbuchs weist Romeo Brodmann auf diese Suppe hin, einfach in der Zubereitung, unscheinbar in der Aufmachung und geschmacklich eine Entdeckung.

Rezept Provenzalische Knoblauchsuppe

Zutaten für 2 L

2 L Wasser, 25 g Salz und 20 geschälte und mit einem breiten Messer angedrückte Knoblauchzehen aufkochen. Zusätzlich werden noch vier große, nicht zerdrückte Knoblauchzehen mitgekocht, das wird im Suppenkochbuch nicht ausdrücklich erwähnt, man sieht aber auf einem Bild eine weiße Kugel in der Suppe schwimmen, das muß eine Knoblauchzehe sein. Sodann 2 Nelken, 5 im Mörser zerstoßene weiße Pfefferkörner und 2 Salbeistengel (heißen bei Brodmann Salbeiästchen, vielleicht ist das eine typisch Schweizerische Ausdrucksweise) mitkochen, wir taten dies etwa eine Viertelstunde. Die Salbeistengel und die ganzen Knoblauchzehen herausnehmen und mit einem Schöpflöffel den Knoblauch durch ein Sieb auspressen, dann mit einer Teigkarte die Knoblauchmasse durchdrücken. (Vom Sieb steht nichts im Kochbuch, man sieht es aber am Begleitbild, auch nichts von der Teigkarte). Anrichten Brotscheiben mit Hartkäse (wir Vorarlberger Bergkäse) bestreuen, mit Olivenöl beträufeln und im Backrohr eine Minute lang überbacken. Die Suppe über die Brote gießen.

Unser Eindruck

Man könnte das Brot auch weglassen, die Suppe hat einen kräftigen Geschmack nach Salz und Knoblauch. Diese Suppe ist der Beweis dafür, daß man aus fast nichts sehr viel machen kann. Wir haben die Suppe zuzweit komplett ausgelöffelt, die Suppe füllt den Magen. Unsere Eltern oder Großeltern hätten mit dieser Suppe dem Hunger ein Schnippchen schlagen können.

Aus unserer Reihe „Fleischlose Genüsse“

Die Suppen der klassischen französischen Küche – Romeo Brodmann

Romeo Brodmann widmet ein ganzes Buch einer einzigen Sache, der französischen Suppe …und man konnte sich dieses umfangreiche und abschließend wirkende Werk, das einem Lexikon gleichkommt, nach seinem Saucenbuch eigentlich erwarten. Es ist umfangreich, denn es enthält rund 75 französische Suppen, dazu Fonds und Kraftbrühen, ein großes Kapitel mit Suppeneinlagen, auf den letzten Seiten kommen auch noch Suppen anderer Nationen wie Spanien oder Brasilien dazu. Das Kochbuch wendet sich nicht an blutige Anfänger: wie man eine Knoblauchzehe zerdrückt z.B., wird nicht erklärt. Wie lange gekocht wird, wird auch nicht erwähnt, die Rezepte sind eher schlank. Dafür wird jeder Schritt mit Wort und Bild beschrieben. Schade, daß ich das Kochbuch nicht schon früher entdeckt habe, es ist bereit 2020 erschienen.

Quellen:

Goscinny/Uderzo, Asterix bei den Schweizern, 1970 (dt. 1973), dies ist wahrscheinlich einer der besten Asterix-Bände: Daraus stammt der Spruch „Ich bin ernannt für ein Jahr. Ich hab‘ ein Jahr Zeit, um reich zu werden“ den der korrupte Statthalter erwidert, als man ihn warnt, Rom könnte zu geringe Steuereinnahmen zu einer Prüfung veranlassen. Welch schöner Bezug zur Gegenwart, nur daß die Römische Aufsicht fehlt.

Romeo Brodmann, Die Suppen der klassischen französischen Küche, 2020

Weißer Solospargel mit Sauce béarnaise

Nun endlich haben wir Estragon bekommen, im Vergleich zu hier; – Estragonessig jedoch immer noch nicht, daher haben wir stattdessen Weißweinessig verwendet. Wir machen die Sauce béarnaise nach dem Buch „Saucen nach Escoffier“ von Romeo Brodmann auf S. 161. Ein anderes Rezept vom Institut Paul Bocuse verwendet weniger Zutaten; naturgemäß entschieden wir uns für das kompliziertere Rezept… – und es kommt uns so vor, nach Escoffier schmeckt es ausgewogen.


Allerdings haben wir zu spät bemerkt, daß auch Kerbel gebraucht wird, also gab es die Sauce béarnaise doch nicht ganz so wie bei Escoffier, also „nur“ mit Estragon bei den Kräutern. Damit sind wir wieder näher ans Institut Paul Bocuse herangerückt. Aber nicht ganz: von Cayennepfeffer, Worcestersauce und  Zitronensaft weiß das Institut nicht.


Dazu einen reschen Grünen Veltliner aus dem Kamptal, der noch so ein Pfefferl hat, wie das früher einmal war, also ganz klassisch; der Spargel kam aus der direkten Umgebung, aus dem Marchfeld, auch ganz klassisch. Überhaupt sind wir heute klassisch unterwegs: als Musikbegleitung wurde eine kleine Nachtmusik aufgelegt, Nikolaus Harnoncourt im Frack ganz klassisch, mit dem Concentus musicus Wien, 1989. Kennt man als „A Little Night Music“ im englischen Sprachraum. Drei Jahre später, rund um das 200. Todesjahr Mozarts, kam ein Tonträger von Jethro Tull heraus, betitelt „A Little Light Music“; Verwechslungen sind nicht ausgeschlossen, aber undenkbar.


Quellen:

Das Escoffier-Saucenbuch von Romeo Brodmann

Wein: Grüner Veltliner, Herzstück, 2022, Allram

Wiener Backhendl mit Erdäpfl-Vogerlsalat

Ein klassisches Backhendl behält seine Knochen, nur die Haut wird entfernt. Es wird in 4 Teile zerlegt und paniert. Auch die Lebern werden paniert.

Dazu ein Vogerl-Salat mit Waldviertler Erdäpfeln, steirischem Kürbiskernöl, Hesperiden-Essig, roten Zwiebeln und Estragon-Senf. Die Schüssel mit einer Knoblauchzehe ausreiben, bevor der Salat hineinkommt.

Wir hatten ein Wildhendl aus dem Waldviertel, Kollmitzdörfl.