Brust vom Perlhuhn in Kräuterbutter mit Perlhuhnschenkel in Chicorée-Tourte

Küchenereignisse - Gourmet

In einem der vielen Kapiteln über die Provence schreibt Wolfram Siebeck über Perlhühner. „Wenn man sie im Topf hat, unterscheiden sie sich nur wenig von normalen Hühnern. Sowieso ist der kulinarische Unterschied zwischen den meisten Produkten gering. Erst gastronomische Nuancen bestimmen die Wertschätzung, die der Gourmet den einzelnen Produkten entgegenbringt, und es bedarf handwerklicher Fertigkeiten, um ihre Delikatesse ans Licht zu holen.“ (Siebeck, „Ohne Reue und Rezept“, S. 186) Als ich das las, warf ich ein Perlhuhn ein, ins Online-Einkaufswagerl; – nicht ahnend, daß es den Weg bis nach Hause schaffen würde.

Nun fing die Sucherei an: wie können wir dem Siebeckschem Anspruch gerecht werden? In Alain Ducasse‘s „Genießen weltweit“ – einem Wälzer von beträchtlichem Umfang, mit über 1.000 Seiten – wurden wir fündig. Es handelt sich um ein Rezept aus dem Bastide de Moustiers, einem kleinen Hotel-Restaurant im Departement „Alpes de Haut Provence“, etwa 100 km nordwestlich von Aix-en-Provence. Alain Ducasse hat diesen Ort zufällig entdeckt, 1994 auf einer Motorradausfahrt, und daraus ein Refugium für Genießer der Ruhe und des guten Lebens gemacht. Bei Wolfram Siebeck „In der Provence und der Côte d’Azur“, erschienen 1999, ist es nicht eingezeichnet, nicht einmal der Ort Moustiers-Sainte-Marie hat es auf die Landkarte auf der Innenseite des Buchdeckels geschafft. Von der Schönheit des Landesinneren der Provence wurde zwar immer schon erzählt, mittlerweile scheint sie entdeckt worden zu sein. Die Bastide in Moustiers-Sainte-Marie liegt laut Eigenbeschreibung im Herzen der Provence « ici, au cœur de la Provence ». Alain Ducasse hatte es eigentlich als seinen persönlichen Erholungsort vorgesehen; und es mit Mitbringseln von seinen Reisen bestückt. Aber nun gehört es zu seinem Hospitalité-Imperium, und nun kann man dort seine Vorstellung von Gastlichkeit kennenlernen. Auf meinen Fahrten durch die Provence vor Jahren bin ich durch so manches abgelegene Dorf gekommen; – ich hoffe, es ist noch alles beim Alten, trotz touristischer Erschließung.

Wir holen uns heute ein bisserl was von dem eigenwilligen Charme der Provence aus Luxus und Einfachheit herein, nach Hause ins verregnete Wien; – die Hofköchin bereitet vor:

Brust vom Perlhuhn von Kräuterbutter umhüllt, mit Perlhuhnschenkel in Chicorée-Tourte.

Eine tourte ist eine rundförmige Pastete gefüllt mit Gemüse, Fisch oder Fleisch. So lese ich im pons. Auf Deutsch gibt es keinen Begriff dafür, weil es das gar nicht bei uns gibt!

  • Am Vortag muß man eine Hühnerbrühe zubereiten… in der Küche eines ordentlichen Restaurants ist die sowieso immer am köcheln, bei uns nur bei Bedarf.

Zusätzlich zum Rezept wurde aus den Perlhuhn-Karkassen eine Sauce gemacht. In der Großküche hat man sicher Verwendung für die Karkassen bei einem anderen Gericht; –  wir aber nicht, daher die Sauce. Man hätte auch mit diesen Karkassen die Hühnerbrühe machen können, die man für dieses Gericht braucht.

  • Leider war bei unserem Perlhuhn Herz und Leber nicht dabei, hätten wir gebraucht für die Tourte. Dafür war es aber schön abgeflämmt und ausgenommen. Wir hatten eine Pintade von P’tit Duc.

Mit einer Geflügelschere das Perlhuhn tranchieren….. weiter auf S. 462 bei Alain Ducasse « Grand Livre de Cuisine » weltweit genießen, Matthaes, 2009. Das Rezept sparen wir uns, es wäre zuviel Aufwand. Nur soviel: für die Tourte wird ein Zwiebel-Fenchel-Gemüse gemacht, das mit dem gebratenen Perlhuhnschenkeln vermischt wird. Viele Zutaten, aber es lohnt sich: für die Tourte: Zwiebeln, Fenchelknolle, Perlhuhnschenkel, Thymian, Lorbeerblatt, Knoblauchzehe, Chicorée, Butter, Honig zum Karamelisieren. Taggiasche-Oliven, Geflügelfond, Geflügeljus. Die Kräuterbutter  wird gemacht mit Petersilie, Koriander, Salbei und gemahlenen Mandeln. Für die Kräuterbutter nur das Beste: Beurre de Bordeaux.

Dieser Geschmack, diese Finesse! Die Hofköchin hat die Haut von den zerzupften Schenkeln gebraten und dazu gegeben!

Die zerriebenen Mandeln in der Kräuterbutter könnten bitter werden, weshalb die Umhüllung der Brust mit der Kräuterbutter erst nach dem Anbraten erfolgte.


La Bastide de Moustiers

https://www.bastide-moustiers.com/fr/

Fotos und Text © 2025 https://kuechenereignisse.com

Goldbrasse mit Kartoffeln und Tomaten-Knoblauch-Mayonnaise

Fotos und Text © 2023 https://kuechenereignisse.com

Nach einem Rezept von Gui Gedda, dem Provenzalen. Es ist ganz einfach.

R e z e p t

Schalotten würfeln, Tomaten und Knoblauch in Scheiben schneiden. Eine ofenfeste Form buttern und das zuvor Geschnittene dareinlegen, sowie die Petersilienstengel, das Lorbeerblatt, die Zitronenscheiben und Pfefferkörner. Die Goldbrasse einritzen, mit Zitronenscheiben füllen und darauflegen. Weißwein mit Wasser vermischen, dazugießen, salzen, pfeffern, mit allerlei beladen und mit Butterstückchen belegen. Ins Backrohr schieben, auf 200° aufdrehen. Und die Kartoffeln schneiden, in eine weitere feuerfeste, ausgebutterte Form legen und mit etwas Verzögerung ca. 10 Min. ins Backrohr schieben. Nach 20 Min. die Kartoffeln einmal durchrühren. Nach weiteren 20 Min. ist alles fertig.

T o m a t e n – K n o b l a u c h – M a y o n n a i s e Den Knoblauch konfieren, sonst ist es zu knoblauchig. Eine Mayonnaise machen, Tomatenstücke dazumischen.

S e r v i e t t e n f o r m: Schiff

Was auffällt: hier haben wir es nicht mit dem üblichen Kräuter-der-Provence Brimborium zu tun.

Nachdem das Glas Weißwein zum Fisch geschüttet war:
Gib mir das Glas.
Nimm ein sauberes, da ist Wasser drin gewesen.
(Dann ist es also so, daß Wasser ein Glas verschmutzt? Vom Standpunkt der Weintrinker aus gesehen durchaus nachvollziehbar.)

Nach Gui Gedda und Marie-Pierre Moine, Die Küche der Provence“, 2008, eine Kochschule, in 7 Tagen ist man Koch, das zumindest verheißt die Kapiteleinteilung: Montag, Dienstag,… Sonntag. Das Buch ist vergriffen. Die Neuauflage 2021 ist auch schon wieder vergriffen. In diesem sind die Abschnitte nicht mehr nach Tagen unterteilt. Da muß ein Griss drum sein! Ja wenn ein richtiger Koch kocht und die Rezepte was taugen, schnörkellos sind, dann ist das absatzförderlich. Es freut uns, daß wir es haben! Die Tomaten-Knoblauch-Mayonnaise steht nicht im Buch. Ich erinnere mich, in einem „Chez Gu“ in Aix-en-Provence gewesen zu sein, das muß aber jemand anderer gewesen sein. Das Lokal von Gui Gedda, dessen Vorfahren schon Köche waren, steht in Bormes-les-Mimosas an der Côte d’Azur.

http://www.frankreich-sued.de/bormes-les-mimosas/Guy%20Gedda.htm

https://www.lovelybooks.de/autor/Gui-Gedda/

Ratatouille Rendez-vous

Die Verteidiger der provenzalischen Tradition wie Roger Vergé und Guy Gedda oder auch ein Alain Ducasse, allesamt Koryphäen der französischen Küche, raten dazu, die Gemüsearten einzeln anzubraten und dann erst zusammen in einem Topf zu verrühren. Die moderne Variante schenkt sich den ersten Schritt. Wir entschieden uns für die traditionelle Methode, ob des dräuenden Geschmackverlusts bei Nichtanbraten des Gemüses.

Fast hätten wir uns ja an das Ratatouille herangemacht, doch dann stießen wir auf ein eher stiefmütterlich behandeltes Kochbuch unserer reichhaltigen Kochbuchsammlung: Merci Mamie, die Originalrezepte meiner französischen Großmutter, indem ein kaltes Ratatouille nach einem Rezept aus dem Jahre 1958 vorgestellt wird. Von einem kalten Ratatouille hatten wir ja noch nie etwas gehört, obwohl uns schon klar ist, daß man Ratatouille sowohl warm als auch kalt verspeisen kann. Aber dieses Rezept war ja ganz auf die kalte Küche abgestellt, unerhört, dieses vergessene Rezept reizte uns und so wurde unser sonntäglicher Menüplan über den Haufen geworden, man ist ja flexibel, und wir verzichteten auf Ratatouille mit Hähnchen.

Rezept Kaltes Ratatouille

Es beginnt damit, daß man eine Tomatensauce selber macht und nicht einkauft, daran erkennt man schon daß das Rezept alt ist, und das geht so: die geputzten Tomaten werden entstielt und halbiert, die Knoblauchzehen abgezogen, die Petersilieblätter von den Stängeln gezupft und alles in eine mit Olivenöl eingefettete feuerfeste Form gelegt, die Tomaten mit der Schnittfläche nach oben. Sodann wird mit Alufolie das Backblech abgedeckt und bei 120° im Backrohr 40 Minuten gegart. Da wir nur kleine Tomaten hatten, Ochsenherztomaten waren nicht lagernd, war die Backzeit etwas kürzer als im Buch angegeben.

Bis die Tomaten gegart sind, hat man Zeit, das restliche Gemüse vorzubereiten: den Paprikaschoten die Haut schälen, die Zucchini, Auberginen und Paprika in Würfel schneiden.

Sodann die Tomaten aus dem Backrohr nehmen, in einen hohen Becher umfüllen und mit dem Zauberstab pürieren. Danach durch ein Sieb streichen, mit einer Teigkarte z.B., die übriggebliebenen Kerne und Schalen wegwerfen. Schalotten und Knoblauchzehen abziehen und fein hacken, Thymianblätter von den Stängeln zupfen und fein hacken. Die Schalotten in einem Sautoir mit Olivenöl anschwitzen. Die gehackten Knoblauchzehen und den Thymian dazu geben, mit der Tomatensauce aufgießen.

Die Auberginenstücke in einer Pfanne mit etwas Olivenöl von allen Seiten scharf anbraten, wenden, umrühren. Und röstfrisch in den Sautoir mit der Tomatensauce füllen. Danach genauso mit den Zucchini und sodann mit den Paprika verfahren. Dann eine halbe Stunde lang mit dem Deckel drauf köcheln lassen. Hier vertrauen wir ganz auf die Umwälzung, die durch die thermische Energie entsteht. Das erspart uns das Umrühren. Im Wort Ratatouille steckt ja das Wort touiller für umrühren. Auskühlen lassen.


Was für ein Ratatouille Rendez-vous

Das kalte Ratatouille ist wie ein Salat. Die Tomaten kommen normalerweise stückig hinein. Aber hier werden sie zu Tomatensauce verarbeitet, die wie eine Marinade für einen Salat also für das restliche Gemüse funktioniert. Durch die Röstaromen kommt der Eigengeschmack des Gemüses gut zur Geltung, er war nicht mit zu viel Kräutern überdeckt. Dazu wurde ein knuspriges Weißbrot gemacht. Auch das war nicht geplant, glücklicherweise hatten wir die Zutaten zu Hause. Das Weißbrot mit einer Knoblauchzehe gut bestreichen.


Weinbegleitung:

Dazu hätte ja ein Rosé aus der Provence gut gepaßt, wir hatten immerhin einen Burgenländischen.

Der regnerischste Tag kann einem wurscht sein, wenn die Küche der Sonne auf den Tisch kommt.

Mit Anne Flecks „Die 70 einfachsten Gesund-Rezepte“, S. 164, Marinierte Hühnerschenkel mit Ratatouille, hat das Stöbern durch die Kochbücher begonnen. Als Besonderheit wird bei Anne Fleck, nach einem Rezept von Su Vössing übrigens, das Ratatouille ohne Tomaten gemacht und nicht angebraten.


Tafelmusik:

Concentus Musicus Wien (Nikolaus Harnoncourt): Telemann, die Pariser Quartette

Vincenzo Bellini: Norma, Maria Callas, Royal Opera House, 18 November 1952


Quellen:

https://fr.wikipedia.org/wiki/Ratatouille

https://fr.wikipedia.org/wiki/Roger_Verg%C3%A9

https://fr.wikipedia.org/wiki/Guy_Gedda (Der Papst der provenzalischen Küche)

Alain Ducasse, Grand Livre de Cuisine, Die Mediterrane Küche, Ratatouille, S. 738

Alain Ducasse, Paule Neyrat, Nature, einfach, gesund und gut, Feines Ratatouille mit Basilikum, S. 154

Georgeanne Brennan, Genießer unterwegs Frankreich, Ratatouille, S. 46

Jean Imbert/Nicole Imbert, Merci Mamie, Die Originalrezepte meiner französischen Großmutter, 2019, auf S. 52, Ratatouille froide, Rezept aus dem Jahr 1958. An diesem Rezept haben wir uns orientiert. Dieses Kochbuch muß irgendwann einmal mitgelaufen sein, als ich beim Friseur war und ist seitdem in Vergessenheit geraten.

Provenzialische Panisses mit Huhn

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Wenn man auf Urlaub fährt oder lange Zeit im Ausland verbringt, lernt man dann Land und Leute kennen? Nun vielleicht Land und Leute nicht, aber lernt man zumindest das Essen dort kennen? Essen muss man ja. Ich habe die Panisses erst Jahre nach meinem Aufenthalt in der Provence kennengelernt, in einem Kochbuch von Alain Ducasse. Dabei soll es Standln in Marseille geben, wo man Panisses zum Mitnehmen kaufen kann. Wenn man nicht auf einen erfahrenen Begleiter zählen kann, der einem all die kulinarischen Spezialitäten des Landes zeigt, ist ein Kochbuch allemal gescheiter, um ein Land kennenzulernen. Das sei zum Trost all jenen gesagt, die aus verschiedentlichen Gründen diesen Sommer zu Hause verbringen werden. Zum aktuellen Stand der Dinge: Die Grenzen in Richtung Italien sind zwar wieder geöffnet, nicht jedoch in die Gegenrichtung, man riskiert also, nach dem Urlaub, zwei Wochen in Quarantäne verbringen zu müssen. Von Frankreich habe ich noch nicht mal was von einer einseitigen Grenzlockerung gehört.

Brotaufstriche provenzalische Art

Das Beste, was die Provence an Brotaufstrichen zu bieten hat, findet sich auf einem Teller vereint: Auberginenpüree, Tapenade, Tomatenconcassée. Darüber gestreut konfierte Tomaten, etwas Pistou und Rotbarbenfilets. Damit avancieren diese Brote zum Hauptgericht.

In Memoriam Paul Bocuse, der gestern verstorben ist, siehe hier.