Die Verteidiger der provenzalischen Tradition wie Roger Vergé und Guy Gedda oder auch ein Alain Ducasse, allesamt Koryphäen der französischen Küche, raten dazu, die Gemüsearten einzeln anzubraten und dann erst zusammen in einem Topf zu verrühren. Die moderne Variante schenkt sich den ersten Schritt. Wir entschieden uns für die traditionelle Methode, ob des dräuenden Geschmackverlusts bei Nichtanbraten des Gemüses.
Fast hätten wir uns ja an das Ratatouille herangemacht, doch dann stießen wir auf ein eher stiefmütterlich behandeltes Kochbuch unserer reichhaltigen Kochbuchsammlung: Merci Mamie, die Originalrezepte meiner französischen Großmutter*, indem ein kaltes Ratatouille nach einem Rezept aus dem Jahre 1958 vorgestellt wird. Von einem kalten Ratatouille hatten wir ja noch nie etwas gehört, obwohl uns schon klar ist, daß man Ratatouille sowohl warm als auch kalt verspeisen kann. Aber dieses Rezept war ja ganz auf die kalte Küche abgestellt, unerhört, dieses vergessene Rezept reizte uns und so wurde unser sonntäglicher Menüplan über den Haufen geworden, man ist ja flexibel, und wir verzichteten auf Ratatouille mit Hähnchen.
Rezept Kaltes Ratatouille
Es beginnt damit, daß man eine Tomatensauce selber macht und nicht einkauft, daran erkennt man schon daß das Rezept alt ist, und das geht so: die geputzten Tomaten werden entstielt und halbiert, die Knoblauchzehen abgezogen, die Petersilieblätter von den Stängeln gezupft und alles in eine mit Olivenöl eingefettete feuerfeste Form gelegt, die Tomaten mit der Schnittfläche nach oben. Sodann wird mit Alufolie das Backblech abgedeckt und bei 120° im Backrohr 40 Minuten gegart. Da wir nur kleine Tomaten hatten, Ochsenherztomaten waren nicht lagernd, war die Backzeit etwas kürzer als im Buch angegeben.
Bis die Tomaten gegart sind, hat man Zeit, das restliche Gemüse vorzubereiten: den Paprikaschoten die Haut schälen, die Zucchini, Auberginen und Paprika in Würfel schneiden.
Sodann die Tomaten aus dem Backrohr nehmen, in einen hohen Becher umfüllen und mit dem Zauberstab pürieren. Danach durch ein Sieb streichen, mit einer Teigkarte z.B., die übriggebliebenen Kerne und Schalen wegwerfen. Schalotten und Knoblauchzehen abziehen und fein hacken, Thymianblätter von den Stängeln zupfen und fein hacken. Die Schalotten in einem Sautoir mit Olivenöl anschwitzen. Die gehackten Knoblauchzehen und den Thymian dazu geben, mit der Tomatensauce aufgießen.
Die Auberginenstücke in einer Pfanne mit etwas Olivenöl von allen Seiten scharf anbraten, wenden, umrühren. Und röstfrisch in den Sautoir mit der Tomatensauce füllen. Danach genauso mit den Zucchini und sodann mit den Paprika verfahren. Dann eine halbe Stunde lang mit dem Deckel drauf köcheln lassen. Hier vertrauen wir ganz auf die Umwälzung, die durch die thermische Energie entsteht. Das erspart uns das Umrühren. Im Wort Ratatouille steckt ja das Wort touiller für umrühren. Auskühlen lassen.
Was für ein Ratatouille Rendez-vous
Das kalte Ratatouille ist wie ein Salat. Die Tomaten kommen normalerweise stückig hinein. Aber hier werden sie zu Tomatensauce verarbeitet, die wie eine Marinade für einen Salat also für das restliche Gemüse funktioniert. Durch die Röstaromen kommt der Eigengeschmack des Gemüses gut zur Geltung, er war nicht mit zu viel Kräutern überdeckt. Dazu wurde ein knuspriges Weißbrot gemacht. Auch das war nicht geplant, glücklicherweise hatten wir die Zutaten zu Hause. Das Weißbrot mit einer Knoblauchzehe gut bestreichen.
Weinbegleitung:
Dazu hätte ja ein Rosé aus der Provence gut gepaßt, wir hatten immerhin einen Burgenländischen.
Der regnerischste Tag kann einem wurscht sein, wenn die Küche der Sonne auf den Tisch kommt.
Mit Anne Flecks „Die 70 einfachsten Gesund-Rezepte“*, S. 164, Marinierte Hühnerschenkel mit Ratatouille, hat das Stöbern durch die Kochbücher begonnen. Als Besonderheit wird bei Anne Fleck, nach einem Rezept von Su Vössing übrigens, das Ratatouille ohne Tomaten gemacht und nicht angebraten.
Tafelmusik:
Concentus Musicus Wien (Nikolaus Harnoncourt): Telemann, die Pariser Quartette
Vincenzo Bellini: Norma, Maria Callas, Royal Opera House, 18 November 1952
Quellen:
https://fr.wikipedia.org/wiki/Ratatouille
https://fr.wikipedia.org/wiki/Roger_Verg%C3%A9
https://fr.wikipedia.org/wiki/Guy_Gedda (Der Papst der provenzalischen Küche)
Alain Ducasse, Grand Livre de Cuisine, Die Mediterrane Küche*, Ratatouille, S. 738
Alain Ducasse, Paule Neyrat, Nature, einfach, gesund und gut*, Feines Ratatouille mit Basilikum, S. 154
Georgeanne Brennan, Genießer unterwegs Frankreich*, Ratatouille, S. 46
Jean Imbert/Nicole Imbert, Merci Mamie, Die Originalrezepte meiner französischen Großmutter*, 2019, auf S. 52, Ratatouille froide, Rezept aus dem Jahr 1958. An diesem Rezept haben wir uns orientiert. Dieses Kochbuch muß irgendwann einmal mitgelaufen sein, als ich beim Friseur war und ist seitdem in Vergessenheit geraten.
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