T-Bone-Steak vom Grauvieh mit Zirbenriebel und Graukäse

Aus Innsbruck haben wir ein T-Bone-Steak vom Tiroler Grauvieh mitgebracht. In der warmen Jahreszeit weidet das Grauvieh hochdroben auf den Almen, dort wo die Sonne herunterbrennt, reißende Gebirgsbäche ins Tal hinabstürzen und die Bergziegen stehen. Diese geländegängigen Rinder finden dort alles, was sie brauchen: saftige Gräser und geschmackvolle Kräuter, das gibt’s auf der Alm, wie sonstwo nirgends auf der Welt. Deshalb wäre es ein Frevel, das T-Bone-Steak eines Grauviehs mit einer Grillmarinade á la „Steakmaster BBQ“ zuzuschütten, wie übrigens bei jedem edlen Rassetier, das artgerecht aufgezogen wurde. Im Buch „Grauvieh tirol“* von Raphael Kuen wird es auf Buchenholz gegrillt, das können wir nicht machen. Aber wir haben aus Innsbruck von der Markthalle  ein paar Zirbennadeln und Zirbenzapfen mitgebracht, die wir zum Smoken in die Pfanne gegeben haben.

Rezept T-Bone-Steak Tiroler Grauvieh

Alsdann! Das Grauvieh-T-Bone-Steak (ca. 1.1 kg, 5 cm dick) etwa 5 Stunden vorher aus dem Kühlschrank nehmen und warten, bis es Zimmertemperatur erreicht hat. Sodann das T-Bone-Steak auf beiden Seiten mit Salz einreiben. Eine gußeiserne Pfanne mit etwas Olivenöl bepinseln und aufheizen. Bevor es zu rauchen beginnt, das T-Bone-Steak einlegen, andrücken, damit das Fleisch auf der Pfanne aufliegt und 4 Minuten in der Pfanne braten lassen, bei der Hälfte der Zeit auf 6 zurückdrehen. Dann wieder auf 9, das Steak aufstellen und auf dem Fettrand eine halbe Minute braten. In dieser Zeit erhitzt sich die Pfanne wieder ordentlich. Dann auf der anderen Seite 3 Minuten braten lassen. Nach etwa der Hälfte auf 6 zurückdrehen.  Fingerprobe machen und falls es noch nicht den gewünschten Garpunkt erreicht hat, weiterbraten. Zum Schluß: Herd abdrehen. Bevor es zum Rasten vom Feuer gezogen wird, kommen die Zirbennadeln, Zirbenzapfen und Zirbenherzen dazu und der Deckel drauf, eine Minute lang. Dann die Pfanne samt Deckel ins Backrohr schieben (ca. 70 Grad) und 15 Min. rasten lassen. (In dieser Zeit den Riebel machen.) Sodann den Saft samt Rauchbeiwerk abseihen und auf die Seite stellen (für den Riebel). Das T-Bone-Steak scharf anbraten, auf jeder Seite eine halbe Minute lang, auch auf den Kanten rundum vom Steak. Danach die Steaks entlang des Knochens herausschneiden und in Scheiben aufschneiden. Servieren. Den Rest im Rohr warmhalten.


Als Zuspeis sind oft Ofenkartoffeln üblich… oder Brat- oder Rosmarinkartoffeln. Mir schwebte aber etwas anders vor, etwas Tirolerischeres, etwas Zünftiges, etwas Traditionelles… unser Riebel wird mit Zirbenpulver aus den Tiroler Alpen aromatisiert, dazu gibt es Graukäse.

Rezept Tiroler Riebel (mit Zirbe und Graukäse)

Einen ½ TL Tiroler Zirbenpulver aus Nadeln, Herz und Zapfen der Zirbe in 2 EL Olivenöl einlegen und ein paar Stunden ziehen lassen.

Maisgrieß nach Packungsangabe zubereiten, dann die Zirbenmixtur daruntermischen. Tiroler Graukäse stückig darunterheben. Beim Anrichten den Bratensatz darüberträufeln.


Das T-Bone-Steak

Das T-Bone-Steak ist so etwas wie das Degustationsstückerl vom Rind, es besteht aus zwei Teilen getrennt durch den Knochen: Lungenbraten (kleineres Stück, manche sagen Filet dazu) und Beiried (größeres Stück, Entrecote).

Die Fingerprobe

Mit dem Zeigefinger auf das Fleisch drücken. Fühlt es sich noch weich an, ist es roh, der Engländer sagt „rare“, fühlt es sich fest an, ist es durchgebraten, „well done“, dazwischen ist es so mittel, also „medium“. Um ein Gefühl für die Fingerprobe zu entwickeln, die Fingerprobe beim rohen Fleisch machen. Von diesem Andruck weg kann man ermessen, wie weit das Fleisch schon ist.

Bei einem T-Bone-Steak sollte man beide Teile, also den Lungenbraten und das Beiried einer Fingerprobe unterziehen, denn der Lungenbraten wird schneller durch als das Beiried. Um den Garfortschritt des Lungenbratens zu verzögern, kann man eine Alufolie unter den Lungenbraten legen.

Der Wein:

Pian delle Vigne, Brunello di Montalcino, Antinori, 2017

Innsbrucker Staccato:

Straßenmusikanten, Paul Flora, Nordkette, bunte Häuser, Grauvieh, Graukas, Alpenkräuter, Goldenes Dachl, Firmung, Frühschoppen, Zirben

In Innsbruck gibt es Wolkenkratzer, in New York hat man versucht, sie als Hochhäuser nachzubauen. Nahezu hinter jeder Häuserflucht erhebt sich das Gebirge.

Graukas

Wir haben beim Käsekulinarikum in der Markthalle alle vier Graukäse aus der Vitrine gekauft; das Loch in der Mitte bedeutet, daß wir den dort ausgestellten Graukäse tutti completti mitgenommen haben. Es gab Graukäse Blau Bergseen Zillertal, Graukäse Premium, Graukäse Laib Weerberg und Graukäse Gelb Zillertal. Wir haben alle vier Graukäse probiert und entschieden uns für den Graukäse Laib Weerberg als Riebelkäse.

Okay.

Aus dem Munde eines Tirolers klingt selbst das Allerweltswort „okay“ eigentümlich tirolerisch, mit dem für Tirol typischen gekrächzten „k“.

Quellen:

Über das T-Bone-Steak:

https://www.issgesund.at/a/t-bone-steak-richtig-braten

Wo wir eingekauft haben:

Hörtnagl im Innsbrucker Burggraben (Grauvieh): hoertnagl.at

Almkräuterei in der Innsbrucker Markthalle (Zirbenmischung): almkraeuterei.at

Kranebitter’s Käsekulinarium in der Innsbrucker Markthalle (Graukäse): https://www.markthalle-innsbruck.at/wir-sind-markthalle/kranebitters-kaese-kulinarium

Innsbrucker Impressionen

Mythos Tiroler Grauvieh Almochs

Auf hochgelegenen Tiroler Almen, unter dem Gletscher, dort wo es richtig kalt wird, die Temperaturen extreme Grade annehmen, dort wo nur die Widerstandsfähigsten es gemütlich finden, in der rauhen Tiroler Bergwelt, dort haust das Grauvieh, seit Tausenden von Jahren. 350 Ochsen werden jedes Jahr auf die Alm hinaufgetrieben, das ist weniger als es Wagyūrinder in Österreich gibt… dementsprechend rar sind die Orte, wo man es bekommt: beim Hörtnagl. Also waren wir nach langer Zeit wieder, Corona sei Dank – in Innsbruck und sind natürlich zielstrebig gleich zum Hörtnagl gegangen; haben die Vitrine mit dem Fleisch anvisiert; und auf einen Blick das Grauvieh ausgemacht. Wir haben das am selben Tag verspeist in Innsbruck in vorweihnachtlicher Runde; und deshalb baten wir um ein Prospekt, Werbematerial, irgendetwas, um unseren Freunden in Wien etwas von diesem sagenhaften Rind zu zeigen. Da bekamen wir gleich ein ganzes Buch geschenkt. Im Mai 2023 sind wir wieder da!

Wir haben die Tranchen von der Hochrippe kurz gebraten und dann durchziehen lassen; dazu etwas Salz und Braterdäpfeln, sonst nichts, so kam es unverfälscht rüber. Saftig und wohlschmeckend wie es ist, merkt man dem Tier an, daß es nur so vor Kraft strotzt; es zu essen, ist wie ein Gebet: es vermittelt stete Lebensfreude, und innere Ruhe, den Glauben an die Kraft der Natur. „Von einem Ochs kann man nicht mehr erwarten als Rindfleisch“ so heißt’s. Aber dieses Rindfleisch hat’s in sich.

Es mag andere Rinder geben, die größer und schwerer sind. Das Grauvieh ist etwas zarter und leicht im Vergleich zum Flachlandrind, damit es sich auf abschüßigem Terrain bewegen kann – auch bei weniger optimalen Wetterverhältnissen. Wind, Wetter und Kälte – auch Hitze wenn es sein muß, ertragen sie mit einer bewundernswerten Gemütsruhe, als ob sie nichts aus der Fassung bringen könnte. Und sie sind mit elegant geschwungenen Hörnern ausgestattet, wehrhaft wie es sich für ein Tiroler Alpentier geziemt. Wir wollen Tiere mit Hörnern1. Wild und urtümlich wachsen diese Abkömmlinge des Urahnen, dem Auerochsen, auf den Tiroler Almen seit Tausenden von Jahren heran, sie sind an ihren Gebirgsstock angepaßt, sie grasen auf den Almen, die sie auf natürliche Weise düngen – sie brauchen keinen Spezialdünger, es gibt Fladen, die sie selber produzieren und sie brauchen kein Kraftfutter: sie verputzen die alpinen Kräuter und Gräser, die sie noch im hintersten Winkel finden, hoch droben wo die Gämsen schon sind; das genügt ihnen vollauf. Das alles macht sie zu einem echten Tiroler Alpenbewohner, das unterscheidet es wohltuend von den Rindern der Tiefebene. Es ist das Tier, das bei uns dahoam ist. Es erinnert uns daran, daß es abseits von Angus, Wagyū, u.s.w. noch was Eigenes gibt, das gut ist.

In den Alpen gedeiht eine Pflanzenwelt, die sich sehen lassen kann. Rund 4.500 Pflanzenarten gibt es, das sind 40 % aller Pflanzenarten die auf europäischem Boden gedeihen, meist oberhalb der Baumgrenze bis hin zu 3.300 m Seehöhe2. Das also steht auf der Speisekarte des Grauviehs. Ich glaube nicht, daß es viele Rinderrassen gibt, die damit konkurrenzieren können. Kein Wunder, daß man vom Heiligen Land Tirol spricht. Wehe dem, der dieses Land zerstört oder nur in Gefahr bringt.

Diese kleine, alte Rasse Grauvieh ist ein Tirolerisches Wahrzeichen, von der Geburt über die Zucht bis zur Vermarktung 100 % Tirol3. Es bürgt für Fleisch in Spitzenqualität, vor allem die Ochsen.

Von den liegenden wiederkäuenden Kühen auf der Alm geht eine starke Ruhe aus. Es soll schon vorgekommen sein, daß so manch einer bei ihrem Anblick dauerhaft seinen Seelenfrieden gefunden hat.

Hauptexportmarkt ist die Schweiz4. Zeit, daß sich das ändert. Ich wünschte mir, daß der Almochs bis nach Wien kommt.

Unser besonderer Dank gilt Christoph Oberhofer, Fleischsommelier bei Hörtnagl, der sich um uns bei unserem Besuch in der Innsbrucker Filiale am Burggraben so aufmerksam gekümmert hat und an die Fa. Hörtnagl selbst, daß es sie gibt. Und die Metzgereien und die Bergbauern, die das alles erst ermöglichen.

Quellen:

https://www.hoertnagl.at/

Raphael Kuen, Grauvieh Tirol, Brandstätter, 2018*

1 Raphael Kuen (Hsg.), Grauvieh in Tirol, 2018, S. 17. „Wir wollen Tiere mit Hörnern“ so lautet das Bekenntnis des Tiroler Grauviehzuchtverbands.

2 ebda. S. 57

3ebda. S. 43

4 ebda. S. 18