Debrecen

Debreziner Würstel mit Sofrito-Bohnen-Eintopf

Die einen ziehts nach Westen, die anderen nach Osten. Debrecen ist eine sichere, ruhige Stadt im Osten Ungarns, geprägt von den grandiosen Tagen der Donaumonarchie: viel imperiale Architektur, viel Jugendstil, der auf den weiten, offenen Plätzen gut sichtbar zur Geltung kommt. Dazu kommt eine Universität mit 40.000 Studenten und über 80 Studiengängen in englischer Sprache. BMW läßt dort seit Oktober 2025 Elektroautos vom Band laufen, den iX3; die Verlegung aus Deutschland nach Ungarn erfolgte aus den bekannten Gründen, vor allem wegen der Betriebskosten und der Energie. Debrecen wird damit westlicher als der Westen, oder so wie der Westen einmal war. Uns bleibt nur übrig, Debrecen eine kleine Hommage zu widmen, mit:

Debreziner Würstel mit Sofrito-Bohnen-Eintopf

Debrecen ist geronnene Erinnerung an alte, unnennbare Tage.

Der Einfluß alter Tage wirkt bis heute nach: Debreziner Würstel. Diese stehen noch heute hoch im Kurs; sie werden in Wien gerne gegessen.


Worüber wir nun sinnieren: kann man in Debrecen bei einem Würstelstandl Debreziner mit Senf bekommen?

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Überbackene Hortobágyi-Palatschinken vom Paprikás csirke (Paprika-Huhn)

Ungarisches Nationalgericht

Hortobágyi-Palatschinken sind Fleischpalatschinken, also Palatschinken, die mit einer Fleischfarce gefüllt sind. Es sind die gleichen Palatschinken wie bei den süßen Palatschinken, nur kommt statt Marillenmarmelade etwa Paprikahuhnfaschiertes hinein. Man macht ein Paprikahuhn (Paprikás csirke), also ein Pörkölt mit Hühnerfleisch. Dann dreht man das Hühnerfleisch durch den Fleischwolf, und das ergibt die Fülle für die Palatschinken. Dies ist die originale ungarische Vorgehensweise, doch leider wird es oft falsch gemacht. Rohes Hühnerfaschiertes wird gekauft und angebraten, das bitte schön hat aber nichts mit einem Pörkölt zu tun. Hortobagyi-Palatschinken sind die Resteverwertung von einem Pörkölt.

Rezept Überbackene Hortobágyi-Palatschinken vom Paprikás csirke (Paprika-Huhn)

Für 10 Palatschinken: 200 g Vollkorndinkelmehl, 200 ml Mineralwasser mit Kugerln (mit Kohlensäure), 200 ml Milch, 2 Eier, Olivenöl, Prise Salz.

Für das Pörkölt: 1,3 kg ausgelöste Hühnerschenkel, 6 Zwiebel, 1 ganze Paprikaschote, 2 Tomaten, 2 EL Paprikapulver, 1 EL Majoran, 1 TL Kümmel, 4 Knoblauchzehen, 2 Lorbeerblatt. 1 Becher Sauerrahm

Die gehackten Zwiebeln in Olivenöl in einem Topf glasig braten. Das grob gewürfelte Hühnerfleisch mit Haut in den Topf geben. Das Hühnerfleisch läßt etwas Fleischsaft aus. Nun anbraten bis es auf das Fett reduziert ist. Dann den Topf vom Herd ziehen. Paprikapulver, Majoran, Kümmel und die geriebene Knoblauchzehen dazugeben. Den Herd zurückdrehen und den Topf wieder auf den Herd stellen. Ein paar Min. unter ständigem Rühren. Dan mit Wasser aufgießen, bis alles bedeckt ist. 2 ganze Tomaten und die entkernte, enthäutete und halbierte Paprikaschote dazugeben, sowie die Lorbeerblätter. Leise köcheln lassen, bis das Fleisch weich ist, zirka eine Dreiviertelstunde. Vom Herd nehmen. Saft durch ein Sieb abgießen auf die Seite stellen. Alles andere – das Fleisch, auch die Tomaten, Paprika und Zwiebeln durch den Fleischwolf drehen. Bei Bedarf etwas von dem auf die Seite gestellten Saft zum Faschierten geben.

Für die Palatschinken die Eier in einer großen Schüssel aufschlagen. Das Mehl und das Mineralwasser nach und nach dazugeben. Salzen. Halbe Stunde ruhen lassen. In einer Pfanne mit wenig Öl herausbacken.

Drei Kugeln Faschiertes mit dem Eisportionierer etwas oberhalb der Mitte einer Palatschinke legen. Die vier Seiten der Palatschinke darüber einschlagen, die lange Seite zwei Mal einschlagen. Dann das „Paket“ umdrehen. In eine feuerfeste Form etwas Saft geben und die 10 Palatschinken einlegen. Etwa die Hälfte vom verbliebenen Saft mit reichlich Sauerrahm abzüglich 3 EL vermischen und über die Palatschinken gießen. Im Backrohr eine halbe Stunde bei 180° backen. Restlichen Saft mit Stärke binden und 3 EL Sauerrahm vermischen und extra servieren. Eine Palatschinke auf den Teller legen und den Saft daneben gießen. Dazu einen ungarischen Gurkensalat servieren.

Rezept ungarischer Gurkensalat  

Sauerrahm, Knoblauch und Salz mit einem Schluß Essig vermischen. Geschälte und gehobelte Gurken salzen und ziehen lassen. Ausdrucken. Und zum Sauerrahm geben. Mit ein paar Prisen Paprikapulver abschmecken.

Rezept Ungarische Champignon-Suppe mit Erbsen und Kohlrabi

2 gelbe Zwiebeln, 2 EL Olivenöl, 1 EL Mehl, 1 TL Paprikapulver, 4 Karotten, 1 Kohlrabi, 250 g Champignons, 300 g TK-Erbsen, aufgetaut, 3 EL Sauerrahm, Majoran, Apfelessig, Salz

Die gehackten Zwiebeln in Olivenöl anschwitzen. Mehl dazu geben und eine helle Mehlschwitze machen. Vom Herd ziehen, das Paprikapulver einrühren. 1 ½ L Wasser dazu geben, Salz und Majoran hineingeben. Die in Scheiben geschnittenen Karotten, einen gewürfelten Kohlrabi hineingeben. Suppe aufkochen. Zurückdrehen. Die in Scheiben geschnittenen Champignons in die Suppe geben, nochmal ein paar Min. köcheln. Die aufgetauten TK-Erbsen dazugeben. F e r t i g s t e l l e n Sauerrahm mit etwas Suppenflüssigkeit verrühren und in die Suppe gießen. Mit Majoran und mit Apfelessig abschmecken. Salzen.

Als Nachspeise: Kastanienreis mit Apfelspalten.

Wein: Riesling, 2023, „Der elegante Rehbock vom Sighardt Donabaum“, Spitz/Donau, Wachau


Hortobagyi-Palatschinken wurden 1958 auf der Brüsseler Weltausstellung von einem ungarischen Koch vorgestellt. Dann stellte sich heraus, daß es die schon vorher gab, aufgeschrieben in dem Buch „Ein praktisches Kochlehrbuch im Rahmen von hundert Mittagessen“ von Andrea Kolmanné Lemhényi. So wurde also nichts daraus, diese Erfindung als kommunistische Errungenschaft auszugeben.

https://ungarnheute.hu/news/hortobagyer-fleischpalatschinken-rezept-98528/

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Dobostorte

Dobostorte (gesprochen Doboschtorte, da ungarisch)

Mit der Dobostorte wurde eine Torte erfunden, die mit den kühltechnischen Mitteln des 19. Jahrhunderts 10 Tage haltbar war und nicht austrocknete – das wurde erreicht indem sie obendrauf mit einer Karamellschicht überzogen wurde – und die ihre Form behielt durch die sich abwechselnden Biskuit- und Buttercremeschichten. Der Legende nach hat ein Küchengeselle beim Buttermachen Salz mit Zucker verwechselt. Mit Salz wurde Butter haltbar gemacht. József Dobos kostete von der gezuckerten Butter und es schmeckte ihm so gut, daß er daraus die Buttercreme ableitete.

Doch nichts hält ewig. Wir lieben frische Lebensmittel und außerdem haben wir kein Tiefkühlfach. Wir sind keine Prepper, wenn bei uns etwas alt wird, so höchstens der Rotwein und der hat kein Ablaufdatum. Drum haben wir die Dobostorte gleich im Kaffeehaus verspeist. Wir begehen den 101. Todestag des ungarischen Konditormeisters József Dobos und feiern 140 Jahre Dobostorte. Im Jahre 1885 wurde sie bei einer Landesmesse in Budapest einem größeren Publikum vorgestellt. Kaiserin Elisabeth „Sisi“ und Kaiser Franz Joseph I. waren die ersten, die kosten durften. Der Ausspruch „Es hat mir sehr geschmeckt!“ ist nicht überliefert, aber sehr gut vorstellbar. Der Erfinder verstarb am 10. Oktober 1924. Bis zum Jubiläum ist es zwar noch eine Weile, aber fünf Minuten vor der Zeit ist des Konditors Pünktlichkeit.


Dobostorte gibt es in Wien bei L. Heiner auf der Wollzeile und bei Gerstner auf der Kärntner Straße vis-a-vis von der Oper.

P.S.: Andy Warhol hat die Dobostorte mehrstöckig und geschmückt gezeichnet, aber so sieht sie in Wahrheit nicht aus. Eine Dobostorte im Ganzen sieht man hier:

https://nlc.hu/gasztro/20161010/dobostorta-tortenete/

Wir haben ein paar Fotos von einer Dobostorte gemacht, bei L. Heiner.

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Vom Faschingsdienstag zum Aschermittwoch

Prasselnde Krapfen (Csörögefánk) und Heringsschmause

Csörögefánk, auf deutsch prasselnde Krapfen, werden in Ungarn so genannt, weil das Schmalz beim Backen so prasselnde Geräusche macht. Gibt es auch in Italien, Frankreich, Bulgarien, Polen, usw. Ich kannte sie bislang nicht. Schmecken sehr gut. Der Teig ist etwas anders als bei Krapfen sonst, keine Germ sondern Backpulver und sehr wichtig: Sauerrahm.


Faschingsdienstag: Prasselnde Krapfen (Csörögefánk)

250 g Mehl mit 150 ml Sauerrahm, 3 Dotter, 50 g weiche Butter, 20 g Staubzucker, 1 TL Backpulver, und eine gute Prise Salz vermengen und daraus einen Teig kneten. Eine Viertelstunde eingepackt in Folie in den Kühlschrank geben. auf bemehlter Oberfläche dünn ausbreiten. Mit dem derelyevágó (Nudelschneider) in Rauten und Dreiecke schneiden. Bei den Dreiecken den Zipfel in die Lücke stecken,  bei den Rauten nur in der Mitte eine Lücke machen. Dann ins Schmalz goldbraun ausbacken. Mit Staubzucker bestreuen. Marillenmarmelade servieren.


Aschermittwoch : Heringsschmaus

Einmal mit roten Rüben und Rollmops

7 rote Rüben (Bete) auf einem Salzbett im Backrohr bei 100°C  weichgaren. 300 g rote Zwiebeln in Scheiben schneiden und in einem EL Olivenöl anschwitzen. Mit 3 TL Honig karamelisieren. Mit 5 EL Apfelessig ablöschen. Einköcheln. Rote Bete schälen und in kleine Spalten schneiden. Rote Bete zu den Zwiebeln geben und kurz auf mittlerer Hitze ein bißchen ziehen lassen. Vom Herd ziehen.

Einen kleinen Römersalat zerzupfen und auf dem Teller verteilen. Einen halben grünen Apfel ungeschält, entkernt in dünne Scheiben schneiden, zum Blattsalat geben. Blattsalat mit der Rote-Bete-Zwiebel-Mischung mischen. Mit Rollmöpsen garnieren. Und mit Dillspitzen bestreuen.

Und einmal mit Matjes

150 g Sauerrahm, 100 Schmand, 3 TL Dijonsenf, 1 TL Honig, 2 TL Zitronensaft, 2 TL weißen Balsamicoessig, Salz, schwarzen Pfeffer und 1 EL geriebene Zitronenschale miteinander gut verrühren. 4 in feine Scheiben geschnittene Jungzwiebel etwa 12 Stück in dünne Scheiben geschnittene Cornichons,  1 kleinen in Würfel geschnittenen grünen Apfel hineingeben und durchrühren. Matjesfilet in Stücke schneiden und dazugeben. Im Kühlschrank durchziehen lassen.

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Topfen-Haluska mit Mangalitzagrammeln (Túros Csusza)

Haluska mit Bröseltopfen

Die Grammeln gut mit den Haluskas verrühren, erst danach essen. Sonst schmeckt es nicht ausgewogen. Eine ungarische Spezialität. Die Topfen-Haluska heißen auf ungarisch Túros Csusza. Einfach und schnell, weil heute der erste Keksebacktag war.

Rezept Topfen-Haluska mit Mangalitzagrammeln

Für 2 Portionen

100 g Dinkelvollkornmehl, griffig

1 Ei

4 Scheiben Mangalitzalardo

200 g Bröseltopfen

2 EL Sauerrahm

Schnittlauch

Leitungswasser

Salz

Mehl mit Salz, 1 EL kaltes Wasser und mit Ei verrühren und daraus einen Teig kneten, auf eine bemehlte Arbeitsfläche hauchdünn ausrollen. Mit dem Raviolischneider die Haluskas ausschneiden. Auf ein bemehltes Blech legen, trocknen lassen, in der Zwischenzeit Salzwasser aufkochen. Die Haluskas hineingeben und 5 Min. darin sieden lassen. Mangalitzagrammeln Gleichzeitig den Lardo würfeln und in einer kleinen Pfanne schön langsam braten, sodaß es das Fett ausläßt. Die Grammeln durch ein Sieb abgießen, auf die Seite stellen. Die fertigen Haluskas auch abgießen. In einen Topf 2 EL flüssiges Schmalz geben und auf kleine Hitze drehen. Dann die Haluska hineingeben. Bröseltopfen, Sauerrahm hineingeben und vorsichtig umrühren, bis alles schön warm ist. Auf Teller anrichten, die Grammeln darübergeben, mit Schnittlauch bestreuen.


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Ungarischer Faschierter Braten vom Mangalitzaschwein mit Erdäpfelpüree und Gemüse

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Da es nicht möglich ist, Mangalitza-Faschiertes zu kaufen, haben wir uns einen Fleischwolf zugelegt und nun gibt es ungarischen faschierten Mangalitza-Braten vom Schopf als Einstand. Dazu ein Erdäpfelpüree sowie Erbsen und Karotten. Irgendwie ist das ein Schlechtwetteressen. Vorige Woche gab es noch Sonnenschein mit brütender Hitze jenseits der 30° und nun Dauerregen, die Temperaturen sind auf bittere 8° geschrumpft. Die Übergangszeit von Sommer zu Winter vergeht wie im Sturzflug. Da freut man sich auf ein bisserl Gemütlichkeit bei einem wärmenden faschierten Braten auf die ungarische Art.


Ist es zuviel Gemüse?

fragt die Küchenfee. Dabei entspricht das nicht ganz den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung DGE: ist ein bisserl fleischlastig.

Unser erstes Mangalitza-Faschiertes! Endlich gibt es Faschierten Braten, wie wir ihn haben wollen. Nix mit Halbe-Halbe, halb Rind, halb Schwein… vom Schwein muß es wohl sein, vom Mangalitza-Schwein. Keine halben Sachen!

Rezept Ungarischer Faschierter Braten vom Wollschwein mit Erdäpfelpüree und Gemüse

F a s c h i e r t e r  B r a t e n 800 g Mangalitza-Faschiertes, ein Ei, eine feingehackte, in Butterschmalz angeschwitzte Zwiebel. Ca. 2 EL Paprikapulver, 1 EL Kümmel, 1 TL Majoran und Salz dazu geben, sowie 3 geriebene Knoblauchzehen. In Butterschmalz in der Pfanne ausbraten. Wir wenden das Faschierte nicht in Semmelbrösel! Das verbrennt nur und überhaupt: wozu sollte das gut sein? Vermutlich macht man das, um das Faschierte zu strecken. Ein kleines Stück ausbraten und kosten, gegebenenfalls nachwürzen. Dann den Rest mit nassen Händen in Laberln formen, leicht zusammendrücken. Und in der Pfanne ausbraten, bis es die richtige Farbe hat: goldbraun.

E r d ä p f e l p ü r e e  Erdäpfel in der Schale in Salzwasser kochen. Dann mit Butter vermischen. Mit Salz und Muskatnuß abschmecken. Einen Schluck Milch, damit es cremig wird. Aber nicht zuviel, damit man die Milch nicht herausschmeckt.

G e m ü s e Erbsen und Karotten blanchieren. In Salzwasser. Dann in Butter in der Pfanne schwenken.


Der neue Fleischwolf von Bosch

Nach dem Theater, das wir uns mit dem Dampfglätter geleistet haben, ist es uns zu blöd geworden, Geräte aus China so lange hin und her zu schicken, bis wir es dann doch behalten. Alles kommt aus China mittlerweile, selbst Bosch-Haushaltsgeräte. Man ist dem ausgeliefert! MADE IN GERMANY, das war einmal was. Alles wurde nach China ausgelagert und nun wundert man sich über mangelndes Wirtschaftswachstum. Auf dem Verpackungskarton prangt groß BOSCH, klein im Vergleich dazu steht Made in Chine… das wirkt wie ein Potemkinsches Dorf, in dem aus einem Fenster ein lachender Chinese hervorwinkt. Die Deindustrialisierung Deutschlands ist in vollem Gange.

Der Fleischwolf ist nicht kompliziert zusammenzubauen. Und es geht sehr schnell, in 2 Min. war der knappe Kilo durch.

1. Tipp „Der Kabeltrick“: Wir stecken das Stromkabel an… keine Reaktion. Man muß schon das richtige Kabel in die Steckdose stecken, damit es wirkt… in unserem übergroßen Maschinenpark an Haushaltsgeräten haben wir uns im Kabelsalat vertan und das vom Standmixer erwischt.

2. Tipp „Der Semmeltrick“: Die Mutter der Küchenfee hatte zum Schluß eine Semmel durchgeschickt, um das Fleisch ratzekahl durch den Fleischwolf zu bekommen. Das haben wir nicht getan, die Vortriebsschnecke befördert das Fleisch gut nach vorne. Die Mutter hatte keinen elektrischen Fleischwolf und alles mit der Hand durchgedreht. Das haben wir früher auch so gemacht, war uns auf die Dauer zu anstrengend, deshalb dieser Kauf.

Liptauer – ich darf das!

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Vor 50 Jahren war es üblich, daß selbst „Konsum“-Supermärkte Brimsen führten, auf ungarisch juhtúró, das bedeutet Schaftopfen. Aus Brimsen macht man Liptauer, einen ungarischen Brotaufstrich, der sich in Wien äußerster Beliebtheit erfreute und den die Wiener Hausfrauen selber machten. Heutzutage gibt es den nur noch beim Heurigen, wenn überhaupt. Meist wurde er ja durch etwas ersetzt, das man „Liptauer“ nur nennt. Im Frühling, wenn die Zeit des Brimsens angebrochen war, gab es den also zu kaufen und so stand ein Gefäß mit Brimsen auf der Budl (Theke) eines jeden Greißlers, der etwas auf sich hielt. Eines Tages, so erzählte mir meine Mutter, kam eine Frau, eine gebürtige Ungarin, fuhr mit dem Finger in den Topf und schleckte ihn ab. In die verdutzten Gesichter der Verkäuferinnen sagte sie: „Ich darf das!“

Rezept

Man kann es nicht genau sagen, so die Küchenfee, – strengstes Küchengeheimnis – aber es geht ungefähr so: Man verrühre Brimsen, weiche Butter, Estragonsenf, Piros Arany, Kümmel, Paprikapulver süß und gehackte rote Zwiebel. Man achte darauf, daß beim Probieren und Abschmecken noch etwas übrigbleibt.

Wenn die Schwester der Küchenfee zu Besuch kommt, macht sie immer Liptauer für sie.

Der Liptauer, so wie wir ihn kennen, schmeckt ganz anders als das was man heutzutage als Liptauer verkauft bekommt. Menschen, die zum ersten Mal richtigen Liptauer bekommen – den, den die Küchenfee macht – fallen halb in Ohnmacht, wenn sie davon kosten. In solchen Fällen fällt es mir schwer nicht zu sagen, daß früher alles besser war. Sogar der Liptauer schmeckte besser!

Speck am Haken

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Immer wieder kann einem der Bedarf nach Selchspeck auflauern… wie zB wenn man eine Linsensuppe macht, und man hat keinen Speck zu Hause… gar nicht gut. Aber auch bei einer Bohnensuppe oder Erdäpfelsuppe darf er nicht fehlen, beim Kraut zum Gansl gehört er dazu, bei allen möglichen Fleischgerichten wie dem Serbischen Reisfleisch oder dem Girardi-Rostbraten, bei Krautfleckerl, …bei einer Eierspeis, bei Speckknödln, Topfenhaluschka, Kukuruzflecken, bei Gulaschvariationen wie dem Gulasch auf Fiumer Art oder dem Fisolengulasch, usw.

K a t o n á k : S p e c k m i t P a p r i k a u n d B r o t Man kann ihn aufschneiden, in Schnitten schneiden, je eine auf ein Brot legen und mit Paprika bestreuen. Da liegt der Speck dann, in Reih und Glied wie Soldaten, ungar. Katonák, und wartet darauf, verschlungen zu werden, einer nach dem anderen, so geht der ungarische Brauch. Die Katonák waren immer schnell weg.

Es ist schlichtweg unmöglich, auf Speck zu verzichten. Wir haben unseren Selchspeck von der Fleischerei Ringl. Wir haben ihm den Ehrenplatz gegönnt, der ihm gebührt: mitten in der Kuchl am Kuchlmast. Von Fr. Ringl haben wir einen echten Fleischerhaken geschenkt bekommen, um ihn daran aufzuhängen. Stilecht wie in der Selchkammer.

Zur Fleischerei Ringl: http://www.fleischerei-ringl.at/

Wiener Reisfleisch mit Champignon

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Schlägt man bei der Haslinger1 nach, so sieht man, daß Otto Desbalmes, der k.u.k. Hofkoch, das Serbische Reisfleisch wie überhaupt das Gulyas mit Kalbfleisch macht,- nicht so wie Otto Normalverbraucher mit Schwein. Ähnlich wie beim Schnitzel gibt es zwei Klassen: Schwein und Kalb, wobei beim Schnitzel nur das mit Kalb sich Wiener Schnitzel titulieren darf. Serbisches Reisfleisch mit Schwein darf sich ruhig serbisch nennen, doch auch hier sind die Verhältnisse ähnlich wie beim Schnitzel: mit Kalb ist es gehobene Kochkunst, viel eleganter. Und puristischer: Im Haslinger-Buch fehlen dem Reisfleisch Kümmel und Knoblauch. Und der Selchspeck. Wir sehen, man kann die Fleischsorten nicht einfach so austauschen, das hat Auswirkungen auf das Rezept. Wir bleiben beim Schweinernen.

B e i m   R e i s  gibt es zwei Möglichkeiten: macht man es auf die serbische Art, dann ist es trocken und das Reisfleisch wird als Gupf serviert. Oder man macht es so, wie wir das als Kinder schon hatten, auf die Wiener Art, dann ist es saftig: mehr so wie ein Risotto mit Fleischeinlage. Das Reisfleisch mit Champignon ist ein Schlager der Kochkunst, zumindest für mich: Ich erinnere mich, das schon als Kind bekommen zu haben.

S o   h a b e n   w i r  uns vom Original ziemlich weit entfernt. Serbisches Reisfleisch? Nicht die Bohne, wir machen es auf unsere Art. Zum Einsatz kamen eine Schulter vom Durocschwein und Risotto-Reis von Acquerello. Bei den üblichen Rezepten kommt der Reis erst nach einiger Zeit, nachdem das Schweinerne eingelegt wurde, in den Topf hinein und nach einer gewissen Zeit ist beides gleichzeitig gar. Wann diese Zeitpunkte sind, wissen wir nicht, deshalb haben wir Reis und Fleisch getrennt voneinander gekocht und dann erst zusammengerührt. Das dauert etwas länger, aber was macht das schon: Reisfleisch ist sowieso kein Gericht, das in einer Viertelstunde fertig ist.


Rezept Wiener Reisfleisch mit Champignon

600 g grobwürfelig geschnittenes Schweinefleisch von der Schulter, 120 g Selchspeck, 200 g feinst geschnittene Zwiebeln, 1 EL Rosenpaprika, 1 EL Paradeisermark, Salz, Kümmel, 1 zerdrückte Knoblauchzehe, 250 g Reis, ½ L Suppe, geriebener Parmesankäse, 3 Champignons

Den würfelig geschnittenen Speck glasig in der Pfanne anrösten2, darin die Zwiebeln goldgelb rösten, paprizieren, das Paradeisermark sowie das Fleisch und die Gewürze dazugeben. Zugedeckt im eigenen Saft etwa 40 Minuten dünsten, bis es weich ist. 20 Minuten nachdem das Fleisch zum Dünsten eingelegt wurde, den Reis mit Suppe aufgießen, aufkochen und etwa 20 Min. dünsten, bis es weich ist. Den Reis und die fein blättrig geschnittenen Champignons zum Fleisch geben und durchheben. Zusammenköcheln lassen. Abschmecken. Parmesankäse einrühren. B e i l a g e : Gurkensalat.

W e i n : Chardonnay, Esterházy, 2021, Sankt Margarethen, Burgenland, Muschelkalk vom Leithaberg.


S c h l u ß b e m e r k u n g : Das schmeckte zwar sehr gut, aber das ist es nicht, was wir als Kinder bekommen haben. Mittlerweile habe ich es im Haslinger-Kochbuch gefunden: Risotto oder Reisfleisch auf S. 187, das ist mit „Schampion“, wie es dort so schön heißt, mit „Zwiefel, ziemlich viel“. Von Stefan Luy, (StL), Hofkoch 1. Klasse.


1Ingrid Haslinger: Otto Desbalmes Aus dem Leben eines k.u.k. Hofkochs, Kral-Verlag 2022,  Serbisches Reisfleisch nach einem Rezept von LT (Ludwig Troszt) wird mit Kalbfleisch gemacht, siehe S. 185.

2 Und schon riecht es angenehm nach Speck. Da kann vegan nicht mithalten.

Jiddische Hühnerleber

Die Jiddische Hühnerleber ist eine Spezialität des Burgenlandes, untrennbar mit der Geschichte des Landes verbunden. Früher einmal wohnten Juden in Deutsch-Westungarn, größtenteils in sieben Gemeinden rund um den Neusiedlersee, genannt Esterházysche Sieben-Gemeinden – das deshalb, weil die dort angesiedelten Juden über Jahrhunderte hinweg ihren Schutz dem Haus Esterházy verdankten. Unter der Ägide1 dieses fürstlichen Geschlechts fühlten sich die Juden sichtlich wohl: sie bezeichneten sich selbst als die „Hochfürstlich Esterházy Schutzjuden“. Von der langen Zeit des jüdischen Lebens in Deutsch-Westungarn verblieb im kollektiven Gedächtnis des Burgenlands nur eine kleine Erinnerung – in der Form einer Speise, die sich hin und wieder auf den Speiskarten der rund um den Neusiedlersee gelegenen Gasthäuser2 findet: die Jiddische Hühnerleber. Diese kulinarische Anekdote wird dem langen, jüdischen Leben in Deutsch-Westungarn nicht gerecht.

Schabbatbrot

Schabbat beginnt am Freitag Sonnenuntergang und dauert bis Samstag Sonnenuntergang, wir hatten die jiddische Hühnerleber am Freitag Abend, also schon am Schabbat. Aber was wäre ein Schabbat ohne Schabbatbrot? Na gut, haben wir ein Schabbatbrot auch noch gemacht, nach Neni „Hayas Küche, Challa, S.28.

Ungarische Krautsuppe als Vorspeise

Nur ein Schabbatbrot mit jiddischer Hühnerleber kam uns ein klein wenig zu wenig vor. Daher gab es davor noch etwas zur Region Passendes: eine ungarische Krautsuppe.

Zur Kulinarik der Jiddischen Hühnerleber

Wir versuchen, die Jiddische Hühnerleber so zu machen, wie man sie damals gegessen haben könnte. Unser Rezept ist mit Pfeffer3, denn ich glaube schon, daß es damals bis in die verstecktesten Zipfeln der k.u.k. Monarchie hinein Pfeffer gegeben hat: Kotányi, der Gewürzwarenhändler der k.u.k. Monarchie, hat es wohl gebracht4. Knoblauch und Majoran waren sicher ebenso reichlich vorhanden. Wir haben uns gegen Schweineschmalz entschieden, wäre auch nicht angebracht und dafür Gänseschmalz genommen; so wie das auch im Burgenländischen Kochbuch von Marietheres Waldbott und Gottfried Kumpf steht. Wir nahmen auch keine Butter, dafür umso mehr Schmalz, denn das glauben wir ganz generell nicht, daß man früher mit Butter und nicht mit Schmalz gekocht hat.

Nach Durchsicht einiger Rezepte für Jiddische Hühnerleber machen wir es so:

Rezept Jiddische Hühnerleber

3 Eier zum Hartkochen aufsetzen. 2 kleine Zwiebeln feinhacken und in 3 EL Gänseschmalz glasig dünsten, dann ein halbes Kilo Hühnerlebern solange darin dünsten, bis sie innen nicht mehr rötlich scheinen. Auskühlen lassen, Lebern fein hacken, die hartgesottenen Eier fein hacken. Eier und Leber vermischen, mit fein gehacktem Knoblauch und Majoran vermischen, salzen. Mit 4 EL Gänseschmalz abrunden. Kalt stellen. Zu Schabbatbrot und Bauernsauerteigbrot servieren.

Rezept Ungar. Krautsuppe

Eine große Zwiebel feinhacken, in Gänseschmalz anschwitzen, ein halbes Kilo Sauerkraut mit Wasser durchspülen, ausdrücken und nicht hacken, aber ein bisserl kleiner schneiden. 125 g Speck würfeln zu den Zwiebeln dazu geben, mit schwitzen, 2 TL Paprikapulver einrühren, dann das Kraut dazugeben und durchrühren. So etwa 300 ml Rindsbrühe dazugeben, das Kraut weichdünsten. Mit 700 ml Brühe aufgießen, die in Scheiben geschnittene Kolbász dazu geben, 200 ml Sauerrahm einrühren, ein paar Minuten köcheln lassen. Anrichten: Suppe in den Teller gießen, einen Klecks Sauerrahm darauf geben und mit frisch gehacktem Majoran und Petersilie bestreuen.

Rezept Schabbatbrot

Am Vortag: 14 g frische Germ mit etwa 100 ml lauwarmen Wasser und einer Prise Zucker aufgehen lassen. 500 g Mehl (Pasta- und Pizzamehl Hartweizen griffig), 35 g Zucker mit 70 g geschmolzener Butter, ein Ei und 75 g flüssiges Schlagobers vermischen. Dann die aufgegangene Germ einrühren, mit dem Knethaken etwa 5 Minuten durchrühren, dann erst 2 TL Salz dazugeben und noch ein paar Minuten durchrühren. Eine Stunde abgedeckt im Kühlschrank ruhen lassen. Teig auf 6 Teile aufteilen, ausrollen und zusammenflechten. Ein Backpapier mit Butter beschmieren, in eine Reine hineinlegen und dann den geflochtenen Teig darauf legen. Mit Frischhaltefolie abdecken und bis zum Verwenden am nächsten Tag im Kühlschrank lassen. Dann am Verwendetag: aus dem Kühlschrank herausnehmen  und eine Stunde in der Wärme gehen lassen. Mit geschmolzener Butter bestreichen und bei 190° etwa 30 Min. backen.

Weinbegleitung: Esterházy, Leithaberg DAC, Pinot Blanc, 2017, vom Ried Tatschler, der großen Burgunderlage. Auf dem Etikett ist Anna Julia Gräfin Nádasdy (1630 – 1669) zu sehen.

Andere Rezepte für Jiddische Hühnerleber:

Waldbott, Kumpf: Burgenländisches Kochbuch, Jiddische Hühnerleber, S. 43

https://www.servus.com/r/jiddische-huehnerleber

https://www.falstaff.com/at/rezepte/kochen/jiddische-huehnerleber

https://www.gusto.at/home/woman-gourmet-reise-teil-2-die-rezepte-osten-oesterreichs-84014/slide-6

https://brigittaskulinarium.bonappetit.blog/2020/12/23/jiddische-huehnerleber/

https://www.gtours.at/gehackte-zores-gehackte-huehnerleber-aufstrich/

http://www.contadino.com/Rezept/Jidische-Huehnerleber-traditionelle-Version


Historische Quellen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Siebengemeinden_(Burgenland)#Entstehung_der_Gemeinden

http://bavaria-wien.at/download/maximaler_abend_skriptum.pdf


Fußnoten:

1Ägide (lateinisch aegis, griechisch aigis = Schild des Zeus), Schirmherrschaft, Leitung, z.B. in „unter jemandes Ägide“.

2Zu finden auf der Speiskarten vom „Gasthaus zur Dankbarkeit“ in Podersdorf zum Beispiel.

https://dankbarkeit.at/gerichte/

3Früher wußte man gar nicht, woher der Pfeffer kam, wie in diesem Zeitungsartikel nachzulesen ist. Von da her rührt wohl die Redewendung, man gehe doch dorthin, wo der Pfeffer wächst.

https://www.profil.at/wirtschaft/reden-wir-ueber-pfeffer-herr-kotanyi/401864282

4Kotányi :

https://www.kotanyi.com/at/de/gastronomie/produkte/pfeffer/


An dieser einfachen, aber genialen Speise, die sich bis zum heutigen Tag erhalten hat, möge man erahnen, was man an jüdischem Geist für immer verloren hat.