Nach einem Konzert „Italienische Weihnachten“ wieder zu Hause und was gibt’s: Ossobuco. Das paßt! Und gut geeignet im Winter, wenn es schneit! Die Temperaturen sind unter dem Gefrierpunkt. Und der Ossobuco macht das Heim warm und kuschelig. Gestern wurde schon geschmort, heute geht es weiter, langsam, ein Stünderl noch, oder 3 im Backrohr, sodaß die Aromen verschmelzen, von den Kalbshaxen und dem Gemüse, das ausgebratene Fett aus den Markknochen rundet es ab, ein himmlischer Duft durchströmt die Küche
Zum Drüberstreuen etwas Gremolata (geriebener Knoblauch, Petersilie Zitronenschale
Ein gutes Rezept ist in der Echten italienischen Küche enthalten, daran haben wir uns aber nicht gehalten, es war mehr freihändig.
Morgen soll es -11° kriegen. Hat es zuletzt glaub ich in den Siebzigerjahren gegeben, damals hieß es daß wir vor einer neuen Eiszeit stehen. Follow the science!
Wie in Italien gibt es auch bei uns gefüllte Paprika. Aber es gibt Unterschiede, einer ist zB die Befestigung des abgeschnittenen Kapperls: während die „echte italienische Küche“1 das Kapperl ganz einfach drauf legt, empfiehlt das „Kochbuch für ländliche Haushalte“2, es verkehrt herum fest hineinzustöpseln, damit beim Dünsten die Fülle nicht hinausläuft. Aha, gewußt wie! Nunja, wir haben diesen „Hack“ ausprobiert, sind aber nicht ganz davon überzeugt, ob das was hilft: nun schottet die Schote nicht ab, das Kapperl steht wie ein Kranz in die Höh.
P e p e r o n i r i p i e n i Für 3 Stk. Von einer Semmel den oberen Teil abschneiden und weggeben, würfeln. 3 gehackte Anchovi, 1 EL Kapern und 3 EL geriebenen Parmesan und 2 EL gehackte Petersilie, 3 EL Olivenöl, salzen, verrühren. In Paprika füllen, Kapperl drauf und im Backrohr 180° ca. 15 Min.
G e f ü l l t e P a p r i k a Für 3 Stk. 30 g gekochten Reis, 180 g Rindfaschiertes, 1 feingehackte Zwiebel in der Pfanne anrösten, in Olivenöl. Reis daruntermischen und gehackten Majoran und Petersilie dazugeben. In Paprika füllen, Kapperl (verkehrt) drauf und im Backrohr 180° ca. 15 Min. Mit Paradeisersoße servieren.
Gefüllte Paprika ist eine Idee, die sich weit ausgebreitet hat, woher sie kommt, ist unbekannt. Vermutlich ist sie an verschiedenen Orten unabhängig von einander entstanden. Die Fülle ist von Gegend zu Gegend unterschiedlich, die Idee ist immer dieselbe. Ein weiterer Unterschied ist die Paradeisersoße, in der man die gefüllten Paprika serviert. In unserem Fall war die Paradeisersoße von Cipriani, was es aber nicht italienischer macht. Selbstverständlich schmecken mir die italienischen Paprika, aber nur mit denen mit der Paradeisersoße verbinde ich den Hochgenuß meiner Kindheit.
1 Die echte italienische Küche, Reinhard Hess, Sabine Sälzer Nachdruck der überarbeiteten Nachauflage von 2007 (7. Auflage 2021, Ersterscheinungsjahr 1991), S. 228.
2Kochbuch für ländliche Haushalte, Karoline Meinl-Dietrich, Erna Lechner, 60. Auflage 2003 (Ersterscheinungsjahr 1928), S. 98.
Was kommt zuerst rein? Die Erbsen und dann der Reis? Oder zuerst der Reis und dann die Erbsen? Im italienischen Kochbuch1 werden zuerst die Erbsen gedünstet und dann kommt der Reis dazu. Die Küchenfee meint, daß so die Erbsen zerkocht werden. Die österreichische Variante2 macht es genau umgekehrt. Werden nun die Erbsen tatsächlich letschert, in der italienischen Variante? Da ich mich nicht entscheiden konnte, hat die Küchenfee vorgeschlagen, beide Varianten zu kochen. Bei so einem Angebot kann ich nicht Nein sagen. In der österreichischen Variante kommen auch noch Schwammerl dazu, weil ich mich daran erinnern kann, das so als Kind bekommen zu haben.
Kann es sein, daß wir einen italienischen Klassiker verbessert haben? Das italienische Kochbuch ist über 30 Jahre alt, die Rezepte sind Klassiker, die schon vor langer Zeit ihre endgültige Form gefunden haben. Es ist schwer möglich, da noch etwas zu verbessern. Die österreichische Variante ist einfach ein anderes Gericht, dessen Name vom Italienischen abstammt. Das österreichische Rezept ist grundverschieden,- Reis und Erbsen passen gut zusammen, das ist Food Pairing at its best, auf diese Kombination hat niemand irgendeinen Besitzanspruch. Erbsenreis ist auch eine bekannte Beilage zB zum Wiener Schnitzel.
Welches Gericht schmeckt nun besser? Das Österreichische ist knackiger, trockener, das Italienische ist saftiger und geschmacklich anders durch die Hühnersuppe und das Fett darin intensiver im Geschmack. Die Erbsen waren nicht zerkocht. Man möchte auf keines verzichten.
R i s i e bi s i Butter, gewürfelten Speck und gehackte Zwiebel anschwitzen und Petersilie dazugeben, TK-Erbsen dazu, etwas Hühnersuppe dazu, köcheln, Reis dazu und mit Hühnerbrühe aufgießen, köcheln, zum Schluß Butter und Parmesan hineinrühren.
R i s i p i s i In Schmalz die gehackte Zwiebel anschwitzen, Reis dazu geben, mit Wasser aufgießen, Salz und Nelken hineingeben. Kurz bevor der Reis gar ist, die Pilze und Erbsen hineingeben und dämpfen. Als Beilage grüner Salat.
1 Die echte italienische Küche, Reinhard Hess, Sabine Sälzer, Nachdruck der überarbeiteten Nachauflage von 2007 (7. Auflage 2021, Ersterscheinungsjahr 1991), S. 58. Dieses Buch wurde auf dem Blog „Post aus Italien“ als bestes deutschsprachiges Italien-Kochbuch empfohlen, daraufhin habe ich es in der Buchhandlung „Morawa“ in der Wollzeile gesucht… und gefunden! Dieses gu-Kochbuch war mir bis dato unbekannt, vielen Dank an Stefan!
2Kochbuch für ländliche Haushalte, Karoline Meinl-Dietrich, Erna Lechner, 60. Auflage 2003 (Ersterscheinungsjahr 1928), S. 99. Dieses Buch haben wir geschenkt bekommen. Vielen Dank an Katharina!
Gekochtes hat schon ein bisserl was mit Eleganz zu tun. Während man beim Grillieren ein Stück Fleisch oder Fisch auf Rost oder Spieß oder gleich direkt ins offene Feuer hängt, geht man beim Sieden mit etwas mehr Feingefühl vor: Das Fleisch oder der Fisch wird in einem Topf mit gewürztem heißem Wasser ziehen gelassen, noch feiner wird‘s, wenn man es gar nur dämpft. Während beim Braten&Grillen das Fleisch in der Glut knistert und sich kräftige Brataromen entwickeln, das Fleisch sich durch eine Vielzahl von Reaktionen („Maillard-Reaktion“) umwandelt und sich eine Kruste bildet, wird beim Sieden&Kochen behutsam mit dem Fleisch umgegangen: auf daß die Struktur des Fleisches möglichst nicht angetastet wird, auf daß es nicht zerstört wird; und das Fleisch seine Eigenheit öffnet und seine innersten Aromen preisgibt. Gekochter Fisch triumphiert mit seinem Eigengeschmack. Das eine verfügt über Rustikalität, das andere über Finesse. So steht das eine für ausgelassenes Feiern, das andere für kultivierte Zurückhaltung und raffinierten Genuß. So trinkt man zum Gegrillten oft Bier aus dickwandigen Humpen, zum Gesottenen lieber Chardonnay aus filigranen Tulpengläsern.
Vom Spiesse bring‘ ich den Braten: Versuchtest du gern den Sud? Für dich sott ich ihn gar.
Mime an Siegfried, der ihm daraufhin Topf und Braten aus der Hand schmeißt, in R. Wagners Oper Siegfried, 1. Aufzug. Mal abgesehen vom ungestümen Verhalten Siegfrieds: früher einmal, also im 19. Jhdt. – außer R. Wagner wollte authentisch sein, dann war es noch früher… lagen Gebratenes und Gesottenes wohl gleichauf, in deutschen Landen, so scheint es.
In dem Artusi-Buch das wir haben, gibt es ein Fischkapitel, indem einige wenige aber feine Rezepte enthalten sind… die für gekochten Fisch überwiegen. Heutzutage wird ja kaum ein Fisch gekocht, dabei gibt es oder soll man sagen gab es, eigens dafür vorgesehene Kochtöpfe, deren Form dem länglichem Fisch angepaßt ist.
Wir hatten einen Süßlippenbarsch aus Portugal. Der Fischhändler1 meinte, der schmecke so ähnlich wie ein Wolfsbarsch. Na dann! Ohne Empfehlung hätten wir uns an diesen exotischen Fisch nicht herangewagt. Da dieser Fisch von der Form her einer Dorade ähnelt, hätte er nicht in einen schlanken Fischtopf gepaßt. Wir haben also unseren Dampfgarer ohne dem Dampfeinsatz verwendet.
Pesce Lesso – gekochter Fisch im Artusi-Buch
Das Artusi-Buch ist so aufgebaut, daß zuerst das Originalrezept von Pellegrino Artusi angegeben wird, das danach unter dem Titel „So kocht der Meister“ fachmännisch kommentiert wird. Nun hat man die Wahl, ob man streng nach der italienischen Tradition kochen will oder die modernen Ratschläge miteinfließen läßt. Unser Rezept ist eine Mischung aus beiden. Die Rezepte sind keine Punkt-Für-Punkt-Anleitungen, Pellegrino Artusi plaudert aus dem Nähkästchen; trockener Stoff, wie der Untertitel „Von der Wissenschaft des Kochens“ verheißen mag, in dieser Form dargebracht, ist das nicht. Angezogen hat uns das Rezept für gekochten Fisch auch wegen der roten Rüben, die da als Zuspeis zum Einsatz kommen… für unseren Geschmack einigermaßen ungewöhnlich, bei Fisch, was uns das Rezept umso interessanter macht.
Gekochter Süßlippenbarsch mit roten Rüben, Kartoffeln und Mayonnaise (Rezept)
Die rohen roten Rüben in Salzwasser aufsetzen und kochen, bis sie durch sind. Das dauert ein Weilchen, eine halbe Stunde vielleicht. Dazu eine Marinade machen aus rotem Rübenessig, Olivenöl und Salz. Danach die Kartoffeln aufsetzen. Weiters Wasser für den Fisch (0,9 kg Süßlippenbarsch) aufsetzen, wenn es sprudelt salzen – für 1L Wasser nimmt man 1 gestrichenen TL Salz. Dann die 2 kleinen mit jeweils einer Gewürznelke gespickten Zwiebeln, 1 kleine Sellerieknolle, 2 Mohrrüben, einige Petersilienblätter dazu geben und eine Viertelstunde kochen lassen. In der Zwischenzeit den Fisch küchenfertig machen: Flossen abschneiden, Kiemen entfernen. Den Fisch mit Zitronenscheiben einreiben. In den Sud einlegen, erst wenn der Sud nicht mehr kocht. Der Fisch ist gar, wenn die Augen hervorquellen, die Haut sich beim Berühren ablöst und das Fleisch zart ist, so Artusi. Wir nahmen ihn nach ca. 15 Min. aus dem Kochsud heraus, als sich die Haut ablöste.
Mayonnaise so wie hier herstellen, nur statt Traubenkernöl Sonnenblumenöl und statt Zucker Honig.
Die Mengen im Artusi sind meist nur so in etwa angegeben, man kocht also nach Gefühl, so wie man eben kochen sollte.
Inspiriert von Pellegrino Artusi: Von der Wissenschaft des Kochens und der Kunst des Genießens, S. 157, Verlag Mary Hahn, Herausgeber der italienischen Ausgabe war Davide Paolini, erschienen 1991 bei Sperling&Kupfer, Edition S.p.A., Mailand. Wer sind die ominösen Meister, die unter „So kocht der Meister“ kommentieren? Es sind die fünf Köche, die am Ende des Kochbuches vorgestellt werden, tatsächlich große Meister ihres Fachs: Gianfranco Bolognesi („La Frasca“, Castrocaro Terme), Arrigo Cipriani ( „Harry‘s Bar“, Venedig, tja wer kennt das nicht…), Gualtiero Marchesi („Gualtiero Marchesi“, Mailand), Fulvio Pierangelini („Gambero rosso“, San Vincenzo), Gianfranco Vissani („Vissani“, Baschi). Unsere Ausgabe ist von 1998, weshalb hier noch nicht gegendert wird, welch ein Genuß beim Lesen, welch goldene Zeiten waren das damals.
Wein: Im Artusi-Buch wird ein Trentino DOC Chardonnay empfohlen, dem konnten wir nicht habhaft werden, aber einem Chablis 2020 Domaine Jean Goulley aus La Chapelle-Vaupelteigne, einem Ort mit 91 Einwohnern, der tut es ja wohl auch…
Artusi ist so was wie der Escoffier der Italiener. 1891 ist zum ersten Mal sein Buch erschienen, das die Kochkünste der italienischen Küche zusammenfaßte. Es hat damit zur nationalen Einigung Italiens beigetragen, so steht es im Vorwort. Ich habe mir die deutschsprachige Ausgabe bei Erscheinen besorgt, kam aber nie so richtig dazu. Aber nun habe ich ein Rezept gefunden, das genau für die Rotbarbe, die wir erstanden haben, paßt. Dieses Kochbuch ist sowas von 20. Jahrhundert: keine Bilder, in einfacher Sprache geschrieben, sehr hübsch. Mittlerweile gibt es ein riesiges Artusi-Buch, 2022 im Christian-Verlag erschienen, mit 790 Rezepten! Das klingt aber auch verlockend. Das was ich hab von seinerzeit, ist ja nur ein Ausschnitt.
Rezept Rotbarbe nach Art von Livorno
Wir haben etwas mehr Tomatensauce gemacht als im Artusi geschrieben steht, die sollte locker für 4 Personen reichen.
800 g Tomaten blanchieren, enthäuten entkernen, würfeln. 5 Knoblauchzehen zerdrücken, 2 Chilischoten aufschneiden und je eineinhalb Bund Petersilie und Basilikum hacken. In einer gußeiserne Pfanne 7 EL Olivenöl erhitzen.
[…] ein ins Öl gegebener Wassertropfen sollte brutzeln, ohne zu spritzen.
Pellegrino Artusis Tip, wie man die richtige Temperatur des Olivenöls feststellt, bevor die stückigen Tomaten hineinkommen. Die italienische Mama hat es wahrscheinlich mit Spucke gemacht. Bleibt ja in der Familie. Haglich darf man nicht sein.
Sodann Knoblauchzehen und Chilischoten hineingeben und warten bis der Knoblauch braun ist, dann beides herausnehmen und wegwerfen. Nun die Tomatenwürfel und den Basilikum hineingeben, umrühren, Deckel drauf, etwas einkochen lassen. In der Zwischenzeit die Rotbarbe säubern und dann salzen und pfeffern. Nun die Tomatensauce abschmecken sprich salzen; und die Rotbarbe einlegen und bei milder Hitze 3 Minuten mit Deckel kochen, Rotbarbe wenden und weitere 3 Minuten. Anrichten: die Rotbarbe auf einen vorgewärmten Teller legen, dazu die Tomatensauce in einer Schüssel mit Petersilie bestreuen.
Inspiriert von Pellegrino Artusi: Von der Wissenschaft des Kochens und des Genießens, 1998, S.161 Trigle alla Livornese
Dazu gab es gewürfelte Kartoffeln, gegrillt im Backrohr auf einem Backblech mit Olivenöl.
Wein: Pratello: Lugana DOC Catulliano, 2021.
Was ich ja schon so toll find, beim Kochen: daß das beim Aromatisieren so gut riecht, nach dem Knoblauch in der Pfanne. Der Knoblauch soll nur braun werden, nicht verbrennen: damit das Olivenöl nicht bitter wird.
In unserem Artusi-Kochbuch von 1998 stehen vor dem Rezept Schauergeschichten von Sklaven zerfleischenden Muränen. Die Rotbarbe stammt angeblich von diesen Monstern ab.
Parallel dazu wurde ein Gericht ohne Gesicht gemacht: gebratene Lachsschnitten mit Spargel und Joghurt-Dille-Sauce.
Alles aus dem Kühlschrank mußte raus, damit ist wieder Platz geschafft für den Wochenend-Einkauf.
Das war: Tomaten, Salatgurke, Paprika, Radieschen, grüne Salatherzen, Brunnenkresse, Jungzwiebel, grüne Oliven, Schnittlauch, Dille, Petersilie, Avocado, Schafkäse und Halloumi.
Dazu gab es endlich wieder Veronelli-Olivenöl! Das ist sortenreines Olivenöl aus Italien, unseres war von der Sorte Pendolino. Was beim Wein normal ist, nämlich daß es auf die Sorte ankommt, mußte sich bei Olivenöl erst durchsetzen und muß es immer noch. Angefangen hat damit Luigi Veronelli. Der Weinpapst hat früher seinen berühmten Veronelli-Weinführer veröffentlicht und kam so auf die Idee, das Prinzip der Sortenreinheit auch auf das Olivenöl anzuwenden. Dazu kamen noch ein paar Qualitätskriterien und fertig war das beste Olivenöl. Unseres von Felsina das Pendolino war besonders fruchtig und überhaupt nicht bitter. Es ist so köstlich, daß man es auf ein Brot träufelt und einfach so ißt.
Das Risotto nimmt in meinen Augen einen immer höheren Rang in der Reihe der besten Speisen Italiens ein. Pizza mag ja in aller Munde sein, ebenso Spaghetti – aber das Risotto ist es, wofür wir leben! Es ist vielfältig kombinierbar, so wie Pizza, die man mit vielen verschiedenen Zutaten belegen kann. Und so haben wir uns gedacht, probieren wir es und denken uns auch einmal was aus. Mir schwebte eine Art Safranrisotto mit Fisch, der gebraten darüberliegt, vor; im großen Risottobuch „Risotto ti amo“ sind nur wenige Rezepte mit gebratenem Fisch zu finden. Ein Risotto mit Fisch, das Safran als Ausgangspunkt nimmt, ist das auf S. 33 Beschriebene mit Artischocken und Rotbarbe. Bei uns nimmt letztere Stelle der Skrei ein. (Heute ist noch ein Skreitag, ab morgen gibt’s dann wieder Lachs.) Von diesem Rezept ließen wir uns inspirieren. Doch statt die schrecklich teure Artischocke zu bestellen, ließen wir unserer Kreativität freien Lauf. Die Küchenfee hatte die zündende Idee: Salicorne sollten wir dem Safranrisotto beimengen. Salicorne auf deutsch Queller, die einzige Pflanze, die am salzigen Meeresstrand lebt oder in den Salzwiesen Lothringens, konnte Eishken Estate tatsächlich liefern. Sie bringt etwas Knackiges und damit Abwechslung ins Risotto hinein, wie das wohl bei der Artischocke gedacht war. Und so gibt es heute das beste, am Schnittpunkt der Alpen mit der pannonischen Tiefebene ausgedachte Risottorezept: Risotto mit Safran, Salicorne und Skrei oder einfacher gesagt: Risotto SSS. Mit Speck!
Rezept Risotto SSS
Für 4 Portionen
3 fein gehackte Schalotten in etwa 2 EL Olivenöl anschwitzen. 5 Scheiben kleingewürfelten Frühstücksspeck dazugeben, kurz mitbraten. 300 g Riso Carneroli(Risotto Acquerello) dazugeben. Bis es perlenmäßig ist, mitschwitzen. Dann mit 150 ml Weißwein ablöschen und vollständig einköcheln lassen. Hausgemachte Hühnerbrühe unter ständigem Rühren hineingießen. Mit dem ersten Schopflöffel 1 g Safranfäden dazu geben. In der Zwischenzeit eine gute Handvoll Salicorne blanchieren. Wenn das Risotto fertig ist, vom Herd nehmen. Ungefähr 50 g bis 80 g leicht gesalzene Butter (Beurre d‘Isigny) hineinrühren und 3 EL Parmesan. Zum Schluß die blanchierten Salicorne-Algen hineinrühren. Fisch sowie Speck in der Pfanne knusprig braten. Anrichten In einen Teller Risotto geben, dann Fisch und den gebratenen Speck darauf platzieren. Mit Boretschblättern dekorieren.
Nur nebenbei bemerkt, Microsofts Rechtschreibprüfung trägt ja auch einiges zur Sprachverwirrung bei. Risottorezept, so meint Word, müsse man getrennt schreiben, also Risotto Rezept, nur dann bleibt es ohne roter Wellenlinie. Mag sein, daß das im Englischen so üblich ist. In unserer Muttersprache, liebes Word, kann man Wörter zu einem neuen Hauptwort zusammensetzen. Stell Dir das mal vor.
Tafelmusik:
Mozart: Gran Partita, Harnoncourt, Philharmonia Zürich, 2011. „Seine wirkliche Sprache, die Musik, nährt sich aus uns unverständlichen Quellen, sie lebt von einer suggestiven Kraft, die sich über den Gegenstand ihrer Suggestion so weit erhebt, daß er sich uns entzieht. Ihr Schöpfer bleibt uns unzugänglich.“, Wolfgang Hildesheimer, Mozart, 1993, S. 59
Mit mildem Acquerello-Reis, dem Kaviar unter den Carneroli-Reisen, eingeköchelt in selbstgemachter Hühnersuppe, umschmeichelt von creamy Parmesan, und als kulinarische Farbtupfer obendrauf kommen Lachsstücke, sachte gebraten in wenig Olivenöl; und dazu ein Bärlauchpesto mit frisch gepflücktem Bärlauch, der Jahreszeit entsprechend, auch frisch gemacht; so stellen wir uns einen gelungenen Abend vor.
Italien will den Titel!
Risotto ist eine Götterspeise und ein Lieblingsessen der Feinschmecker rund um die Welt, so wie viele andere Speisen aus Italien. Nun hat Italien seine Küche bei der UNICEF als Kandidat 2023 für das Weltkulturerbe angemeldet. So als ob es irgendeines Nachweises bedürfe, wie herausragend die italienische Küche ist… meinen Segen haben sie, allerdings ist die italienische Küche eh schon seit 2013 Weltkulturerbe und zwar als Teil der mediterranen Küche mit anderen Mittelmeeranrainerstaaten. Ja man kann halt nicht oft genug auf die Exzellenz der Speisen italienischer Provenienz hinweisen.
Am Vortag wurde die Suppezubereitet, dafür wurden 1 kg Hühnerrücken blanchiert, und mit Wurzelgemüse, Knoblauch, Zwiebel, Ingwer, und frischen Kräutern: Petersilie, Basilikum, Rosmarin, Thymian, Majoran, Liebstöckl, Wacholder, Lorbeerblatt, Tomaten und Apfelessig in einem großen Topf mit kaltem Wasser aufgesetzt. Die Suppe haben wir den ganzen Tag über ca. zehn Stunden lang vor sich hin köcheln lassen; deshalb wurde sie schon am Vortag gemacht. Man hat weiter nichts zu tun, denn das Schaumabschöpfen ist nicht notwendig, weil die Tomate die Schaumbildung verhindert. Zum Schluß wird die Suppe mit drei Safranfäden abgeschmeckt. Nicht alles wurde für das Risotto verwendet. Der Rest wurde in Icebergs verwandelt.
Lang gekochte Hühnersuppen schmecken nicht nur gut, sondern man tut damit auch seiner Gesundheit etwas Gutes. Das darin vermehrt enthaltene Glutamin „dient als Nährstoff der Immunzellen des Darms, fördert unter anderem die Zinkaufnahme und hilft bei der Regeneration des Körpers.“ (Anne Fleck, 2021, S. 234) Wer hätte gedacht, daß Risotto auch gesund machen kann?
Am eigentlichen Küchenereignistag: Nun stellt sich die große Frage, ob das Risotto all‘ onda, „wellig“, oder mehr fester gemacht werden soll? Das wellige Risotto entspricht der Art, wie man es im Veneto zubereitet, wie Marcella Hazan in ihrem Buch „Die klassische italienische Küche“ schreibt. Das festere Risotto wird ihr gemäß sonstwo in Italien zubereitet. Es kommt darauf an, ob man die Flüssigkeit ganz verdampfen läßt oder eben nicht. Wir nehmen die festere Form, weil es uns so vorkommt, daß diese dann wohl geschmacklich intensiver ist, das erschien uns geeigneter für die Risottokuschelrockversion.
Risotto Den weißen Teil der Frühlingszwiebeln in Olivenöl andünsten, den Reis dazu geben, mitdünsten, bis der Reis glänzt wie Perlen. Mit Weißwein ablöschen, verdampfen lassen, eine Parmesanrinde dazu geben und nach und nach mit der Hühnerbrühe unter ständigem Rühren aufgießen, so lange bis der Reis gar ist. Vom Herd ziehen, Butter und zum Schluß geriebenen Parmesan einrühren. Pesto Bärlauch mit Olivenöl, geriebenen Pecorino, geröstete Pinienkerne, Salz, Zitronensaft in einem Mixer zu einem Pesto pürieren. Lachs würfeln und auf der Hautseite in etwas Olivenöl anbraten.
Risottorezept angeleitet von „Risotto mit Zander und Bärlauchpesto“ aus dem Buch „Risotto ti amo“, auf S. 163 von Ambrogio Stefanetti, Küchenchef und Besitzer der “Vecchia Osteria Seseglio” in Seseglio in der Schweiz, hart an der Grenze zu Italien.
Tafelmusik: Kuschelrock-2 CD, z.B. „Careless Whisper“ von George Michael auch schon tot.
Restaurants, wo es Risotto gibt und wo wir vielleicht gerne mal hingehen würden:
Dort gibt es täglich alternierend ein anderes Risotto. Leider steht auf ihrer Homepage nichts darüber, welcher Art diese Risotti sind.
Tja, so richtig fündig sind wir nicht geworden. Risotto hat irgendwie kein Leiberl in Wien.
An einem romantischen Abend kommt man irgendwie nicht an italienischen Speisen vorbei. Pizza, Spaghetti, Lasagne, et cetera ist alles kuschelrocktauglich.
Man stelle sich vor: eine kleine Trattoria im Irgendwo, im hintersten Winkerl ist noch ein weißgedeckter Zweiertisch frei; bei Kerzenlicht spielen sie „Kuschelrock 2“. Der Ober kommt und nimmt die Bestellung auf: 2 Lambrusco und danach? Pizza con prosciutto, rucola e parmesan, die Kuschelrock-2-Pizza für 2? Va bene.
Laue, einschmeichelnde Musik tönt aus den Lautsprechern… und laues Einschmeichelndes, den Gaumen Umschmeichelndes muß auch auf den knusprigen Pizzaboden; süße Zwergenkirschtomaten, die beim zartesten Andruck am Gaumen platzen; Prosciutto-Flankerl, die mit der Zunge kuscheln. Das gibt Stimmung, da knistert‘s im Gebälk.
Dazu ein Lambrusco. Danach kann man sich eigentlich nur noch ein Tiramisu wünschen. Und weil’s so gut war, gibt es das sonntags nochmal.
Rezept PRP-Pizza (Prosciutto, Rucola, Parmesan):
Pizzazeig: In 100 ml lauwarmen Wasser 21 g frische Germ mit einer Prise Zucker aufgehen lassen. 400 g Hartweizenmehl Tipo 00 o.ä. (bei unserem stand nur Pizzamehl griffig drauf) mit weiteren 170 ml lauwarmes Wasser, 1 EL Olivenöl und mit der Germmischung 5 Min. kneten. Dann 1 TL Salz dazu und weitere 5 Min. kneten. 2 Stunden abgedeckt ruhen lassen. In der Zwischenzeit die Tomatensauce vorbereiten; zu den passierten Tomaten, Olivenöl, Salz, Honig, gehackten Thymian, Rosmarin, Basilikum und Oregano, und geriebenen Knoblauch dazugeben und leicht einköcheln lassen. Zurück zum Pizzaboden: Teig auf eine mit Mehl bestäubte Fläche legen, halbieren, zu zwei Kugeln formen und mit dem Nudelholz auswalken. Dann den Pizzaboden auf ein mit Olivenöl bestrichenes Backpapier legen, mit der Tomatensauce bestreichen, mit geriebenem Mozzarella bestreuen und auf das vorgeheizte Backblech legen. Bei 250° fertigbacken, bis es bräunlich ist, ca. 5 bis 10 Min. Danach mit Prosciutto, dann Rucola, Kirschtomaten und gehobeltem Parmesan belegen.
Im Buch „Salate der Superlative“ gibt es ein Kapitel mit klassischen Salaten, „Die Berühmtesten“ genannt, darin ist auch der Panzanella, von pane, ital., für Brot, zu finden. Eigentlich sind bei diesem Salat die Zutaten eher unwichtig, denn es geht darum, altes Brot, das schon steinhart ist, in einer Salatmarinade aufzuweichen und wieder eßbar zu machen… und somit vor dem Abfalleimer zu bewahren. Es handelt sich also um ein der Tradition des Sparens und Haushaltens verhaftetes Arme-Leute-Essen, wie das in der Toskana ganz normal war; früher offenbar nicht unbedingt eine der reichsten Gegenden Italiens. Da das in Salatmarinade eingeweichte Brot, mit allerlei Gemüse angereichert wie Tomaten, Zwiebeln und Gurken, auch noch gut schmeckt, hat sich der Panzanella durchgesetzt.
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