Allerheiligen/Allerseelen – der Ober St. Veiter Friedhof

Grab von Egon Schiele

Der Hietzinger Friedhof hat Gustav Klimt. Doch der Ober St. Veiter Friedhof hat Egon Schiele! Trotzdem ist er unbekannt geblieben; der Hietzinger Friedhof hat die höchste Dichte an Ehrengräbern; der Zentralfriedhof die meisten. Nicht selten daß ein Gast aus Japan, der am Schwechater Flughafen ankommt, direkt ohne Umständ über die Simmeringer Hauptstraße den schnellsten Weg zum Zentralfriedhof nimmt, die ehrenhalber gewidmeten Stätten der Komponisten zu besichtigen – wie Brahms, Beethoven, Schubert, Mozart, Gluck, Lanner, Millöcker, Suppé, die Strauss-Dynastie, Wolf; …… für Gustav Mahler bitte zum Grinzinger Friedhof weiterfahren. Mit solchen Berühmtheiten kann der Ober St. Veiter Friedhof nicht aufwarten. Zurückgezogen, abgeschieden von der Welt, liegt dieses Kleinod von einem Friedhof am Rand von Wien, an einem Hang, abgewandt von der Stadt, mit Blick auf den gegenüberliegenden Hang, einem Ausläufer des Wienerwaldes. Weiter oben, am oberen Ende, in der Nähe des Waldessaums, ist ein Bänklein. Hier kann man leicht der Welt abhanden kommen, so still und einsam ist es da. Bei manchen Gräbern erkennt man schon am Schriftzug, aus welcher Zeit sie stammen; die schwungvollen hochgezogenen Buchstaben, das ist Jugendstil; – und ein Blick auf die Sterbedaten bestätigt die Jahrhundertwende. Vornamen wie Gustav oder Adele verraten die Modernität der damaligen Zeit,  Inschriften die Schwere der damaligen Zeit, einer ist „vermißt in Stalingrad“. Sie ruhen in Frieden, jedoch nicht immer wird das Grab als letzter Ruheort verstanden. Auf einem steht „Verwandlungsort“. Man verwandelt sich also, erhebt sich mitunter, schwingt die Flügerln und schwebt von dannen. Das scheint mir ein erbaulicher Gedanke zu sein. Der Grabstein der Dynastie Kolm-Veltée hat die Form eines Filmstreifens, mit angedeuteter Lochung links und rechts. Sie hat Pionierarbeit geleistet auf dem Gebiet des österreichischen Films. Gustav Kolm war Begründer eines Filmstudios, aus dem dann die Rosenhügel-Studios hervorgingen, der Monumentalfilm „Samson und Delilah“ wurde dort 1922 gedreht. Walter Kolm-Veltée drehte den Film „Eroica“ über das Leben Beethovens mit Ewald Balser und Oskar Werner; Luise Kolm-Fleck, geb. Veltée, war die erste Regisseurin Österreichs und die zweite weltweit.

Das am reichlichsten geschmückte Grab ist das von Egon Schiele, er starb am 31. Oktober 1918, also gestern vor genau 107 Jahren; – in jenem Jahr also, als die Welt unterging und Österreich auslöschte, die Spanische Grippe Wien heimsuchte, der seine hochschwangere Frau Edith zum Opfer fiel und drei Tage danach Egon Schiele selbst. Mit Gustav Klimt und Oskar Kokoschka zählt er zu den klassischen Malern der Wiener Moderne.

Der Krieg ist aus – und ich muß gehn. Meine Gemälde sollen in allen Museen der Welt gezeigt werden.

Angeblich letzte Worte Egon Schieles, sein Wunsch ging in Erfüllung.

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Allgemeine Gedanken zur Musik

Der Goldene Saal im Musikverein

Alfred Brendel hat eine Weltkarriere als Musiker hingelegt, was man nicht von vielen Musikern aus Österreich behaupten kann. Außer ihm fällt mir spontan ein, Friedrich Gulda und Joe Zawinul natürlich. Auffallend ist, daß alle drei Pianisten waren. Ist Österreich ein Land der Pianisten? Das  hätte ich als Österreicher nicht behauptet, ich hätte unsere Stärke eher in der Blasmusik verortet. Aber ein großer Trompeter oder Posaunist kommt mir nicht in den Sinn, was vielleicht auch damit zusammenhängt, daß es sich hierbei um Instrumente handelt, die selten aus dem Ensemble hervortreten; – selten hört man von einem Trompeter-Recital, von Klavierabenden dagegen schon öfter.

Daß heutzutage wenig Pianisten nachkommen, liegt wohl daran, daß das Klavier aus dem bürgerlichen Haushalt verbannt wurde. Kaum mehr ein Haus, das einem Klavier Platz bietet; – und wo kein Klavier, hält sich auch der Nachwuchs in Grenzen.

Dabei ist das Klavier das Universalinstrument schlechthin, seit Jahrhunderten; – Auszüge von Opern und Sinfonien wurden für das Klavier erstellt, für kein anderes Instrument. Es gab einmal eine Zeit, da hat man als werdender Musiker Klavierspielen gelernt; – als Grundstock, von dem man sich weitergehangelt hat zu seinem Instrument.

Zuerst das Radio, dann die elektronischen Medien Fernsehen und Internet, haben das Musikmachen aus dem Leben verdrängt. Johann Wolfgang v. Goethe behauptet: „Wer Musik nicht liebt, verdient nicht, ein Mensch genannt zu werden; wer sie liebt, ist ein halber, wer sie aber treibt, ein ganzer Mensch.“ Wenn dieses Wort noch heute gilt wie vor 250 Jahren, woran kein Zweifel besteht, dann gibt es heutzutage kaum mehr halbe geschweige denn ganze Menschen. In einer Welt, die durch Maschinen-  und elektronische Geräusche die Stille vertrieben hat, aus der die Musik kommt, geht die Musik verloren. Bei Schubert hört man am deutlichsten, woher die Musik kommt.

Seiler & Speer behaupteten jüngst in einem Fernsehinterview, Musik sei dazu da, Gefühle zu transportieren. Dabei habe ich vor Augen die johlenden Menschenmassen, die in aufgeheizter Stimmung bei Festivals die Arme in die Höhe recken. Musikhören ist nicht Partymachen. Musik findet im Konzertsaal statt. Musik hat keinen Zweck zu erfüllen. Musik ist schwer zu begreifen; sie ist etwas Heiliges und Profanes; nicht von dieser Welt, und doch von dieser.


Seiler & Speer im Interview bei ServusTV „Servus am Abend“, am 14. Juli 2025.

https://www.servustv.com/aktuelles/v/aa7zibb5jlz7jg3gya6z/

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Schwarzwurzeln mit Kräuterseitlingen und Pesto, einfache Fassung

Die wahre Kunst

Wir hatten einmal auf Küchenereignisse ein Rezept mit Schwarzwurzeln und Kräuterseitlingen dazu Petersilien-Haselnuß-Pesto, hier. Die Hofköchin hat das Rezept vereinfacht und es schmeckt immer noch hervorragend, es ist ihr gelungen!

Einstein hat gesagt, man solle alles so einfach wie möglich machen, aber nicht einfacher. Das gilt in vielen Bereichen, bei technischen Lösungen, man denke etwa an die Glock-Pistole, die nur aus wenigen Einzelteilen besteht. Oder an gute IT-Lösungen. Oder an gute Texte. Aber auch in der musikalischen Aufführung, wie man so liest bei Alfred Brendel in „A bis Z eines Pianisten“, unter dem Buchstaben E wie Einfachheit, gilt das Einsteinsche Prinzip. Bei Rezepten geht das nicht, einem guten Rezept fehlt etwas, wenn man es vereinfacht. Ein gutes Rezept zu vereinfachen, heißt es zu verändern. Und wenn es dann dennoch schmeckt, dann ist das eine Kunst! Gute Zutaten helfen dabei, denn gute Zutaten brauchen nichts zur Verschönerung.

Einfaches Rezept Schwarzwurzeln mit Kräuterseitlingen und Pesto

 Zuallererst werden die Schwarzwurzeln unter fließendem Wasser mit Einweghandschuhen gesäubert, geschält und in ein Essigbad gelegt. Die Einweghandschuhe schützen vor dem klebrigen, die Haut verfärbenden Saft der Schwarzwurzel. Im Blitzhacker wird aus Basilikum, Zitronensaft und -abrieb, sowie Pinienkernen ein Pesto gemacht. Kräuterseitlinge werden gebraten, die Schwarzwurzeln werden weichgegart im gesalzenen Kochwasser, das erhält die weiße Farbe und mildert den Geschmack.

Lasagne (gemeinsam essen)

Lasagne

Dieses Rezept mag dem einen oder anderen zu aufwendig erscheinen. Lasagne selber zu machen, ist anstrengend: man muß schwere Töpfe heben, Flüssigkeiten umschütten, man muß gar mit siedend heißen Flüssigkeiten hantieren – gefährlich! Und man muß stundenlang ausharren; bis das Ragu fertig ist; das dauert bisweilen 3 Stunden.

7:00 aufstehen! Der Tag beginnt mit Mozart. Kleine Nachtmusik (Concentus Musicus Wien). Kaffee trinken. Schinkensemmel essen. Orangenzitronensaft trinken. Das Tagwerk kann beginnen.

7:30 Zutaten zusammenstellen. 1 kg Rindsfaschiertes. 4 rote Zwiebeln. 2 rote Karotten. 1 gelbe Karotte. 1 Stück Sellerie. 2 Stangen Stangesellerie. 8 Knoblauchzehen. 600 g Tomaten-Concassée. 700 ml Weißwein. Gewürze: 1 TL gehackten Thymian, 1 TL gehackter Rosmarin, 1 TL getrockneter Oregano, 2 Salbeizweige. 4 Lorbeerblätter. 2 EL Tomatenmark. 150 g Butter. 150 g Mehl. 1 ½ L Milch. 600 g vorgekochte Teigplatten. 250 g Parmesan. Parmesanrinde. 300 g Mozzarella.

8:00 Gemüse in Brunoise schneiden (Knoblauch, Zwiebel, rote und gelbe Karotten, Petersilienwurzel, Stangensellerie, Sellerie)

8:30 Mozart Missae breves, Missa longa (Concentus, Teldec, 40 Jahre Das Alte Werk)

8:45 Das Faschierte anrösten. In einem anderen Topf das Gemüse anrösten. Hin und wieder umrühren.

9:00 Knoblauch blondieren: zum Gemüse dazufügen.

9:00 Brocken vom Faschierten mit dem Kochlöffel auseinanderstoßen. Umrühren. Tomatenmark dazugeben. Umrühren. Wenn das Tomatenmark sich am Boden angelegt hat, mit Weißwein (Grüner Veltliner) ablöschen.

9:15 Das Faschierte zum Gemüse schütten. Etwas Weißwein in den Topf vom Faschierten gießen, mit dem Kochlöffel Fleischreste abschaben und zum Gemüse schütten. Etwas Wein – auch Rotwein, wir hatten noch etwas Pinot Noir übrig – dazugießen. Umrühren. Mit 2 TL salzen. Umrühren und köcheln lassen, bis der Alkohol verdampft ist. Diese Prozedur wiederholen, bis die Flasche Weißwein weg ist, weiterköcheln lassen. (ca. halbe Stunde)

9:45 Mozart Piano Concertos 23 und 24 (ORF RSO, Zacharias)

9:45 Wenn alles verdampft ist und nur noch Fett austritt, das Tomaten-Concassée dazugeben. Die Gewürze und das Lorbeerblatt dazu geben.

10:00 Parmesanrinde hineingeben. Die nächsten eineinhalb Stunden köcheln lassen.

10:45 Rossini Il Barbiere di Siviglia (LSO Abbado)

11:00 Béchamelsauce machen: Butter zerlassen, Mehl dazugeben, auf mittlerer Hitze rühren, bis eine helle Einmach entsteht. Milch dazugießen, unter ständigem Rühren.  Durch ein Sieb streichen, um Mehlbatzen aufzulösen.

11:30 Schichtweise in ofenfesten Formen auflegen: Béchamelsauce, vorgekochte Lasagneblätter, Ragu, Parmesan; als Abschluß Teigblätter, Béchamel und mit Mozzarella bestreuen. Die Teigplatten saugen die Béchamel auf, deshalb wird es weich.

12:00 Ins Backrohr schieben bei 180° C.

12:45 herausheben, auskühlen lassen.

14:00 Aufschneiden und anrichten.


Man könnte natürlich auch eine Lasagnepackung aus dem nächsten Supermarkt besorgen, tiefgefroren – viele Gastronomen machen es nicht anders: im Großmarkt gibt es die Großpackung. Aber erstens schmeckt Selbstgemachtes am besten. Zweitens erlebt man Freude und Erfüllung, wenn man selber kocht.


Freude ist die einfachste Form von Dankbarkeit. (Karl Barth)


Lasagne läßt sich gut teilen und wird daher oft in Gesellschaft verzehrt. Das schafft Gemeinsamkeit. Glückseligkeit breitet sich aus, Momente der Stille und Einkehr. Das ist das Wunder des gemeinsamen Mahles. Ein kleines Wunder mit sinnlichem Glanz.


Erst wenn es aus den Tiefen brodelt, verwandelt sich das Faschierte in Ragu. Dafür braucht man eine gewisse Grundmenge. Und dafür braucht man schwere Töpfe. Freudige Esser sollten auch anwesend sein!


Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, bin ich in ihrer Mitte. (Matthäus 18,20)


Lasagne ist eines der aufwendigsten Gerichte, die es gibt, wenn man es auf die traditionelle Weise macht. Die Hingabe, die dafür nötig ist, wird belohnt.


Ein Hoch auf die Hofköchinn!

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Blunzntaxi

Gebratene Mangalitza-Blunzn und -Leberwurst mit Ofenbraterdäpfel in Kümmel, in Weißwein geschmortes Sauerkraut und Kraut mit gerösteten Mangalitzaspeck.

Das Mangalitza-Blunznradl sowie das Leberwurstradl wurden am Bauernmarkt auf der Freyung besorgt. Nach Hause fuhren wir wieder mit dem Taxi durch die Stadt. Das Taxi machte allerdings seltsame Geräusche, so ähnlich wie das Sonar von „Das Boot“ wenn es bei höchster Alarmstufe fuhr. Nach einiger Zeit hörte es auf, ging aber wieder von vorne los. Und zwar immer genau dann, wenn das Taxi neuerlich losfuhr, nachdem es zum Stillstand kam, wir bewegten uns im Stop-and-Go-Verkehr. Der Taxifahrer meinte nur, das läge daran, weil wir uns nicht angeschnallt hätten. Ach wie gut, daß es heutzutage solche Nanny-Autos gibt.

Apropos Taxi. Am 1.1. ist ein neuer Höhepunkt erreicht: dann dürfen Taxiunternehmen nur mehr Elektrofahrzeuge als Taxi anmelden. Taxiunternehmen, besonders die kleinen, können sich kaum retten vor lauter Begeisterung. Sie fahren meist im Radl (Schichtdienst) rund um die Uhr, können sich keine Standzeiten leisten. Wie sie die 8 Stunden Ladezeit in den 24-Stundenarbeitstag einbauen, weiß man im Rathaus, wo man diesem Gesetz zugestimmt hat, sicher ganz genau.

Taxifahren wird jedenfalls teurer. Eine Stunde mit dem Fiaker kostet 150 Euro. Das wird in Zukunft gegeneinander abgewogen.

Zufällig habe ich mir in der Buchhandlung eine neue Ausgabe von „1984“ gekauft.

Gebratene Mangalitza-Blunzn und -Leberwurst  mit Ofenbraterdäpfel in Kümmel, in Weißwein geschmortes Sauerkraut und Kraut mit gerösteten Mangalitzaspeck. Dazu Salzgurken, Senf und Kren.


Die Mangalitza-Blunzn enthält: Schweinefleisch 53 %, Schweineblut 11 %, Schwarten, Semmelwürfel, in den Semmelwürfeln sind Weizen, Hefe und Wasser, dann Speisesalz, Gewürze und Schweinedarm.

Die Mangalitza-Leberwurst: Schweinefleisch 53 %, Schweineleber 11 %, etc. s.o.


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Schwarzwurzel-Ragout und -Quiche wie im Schwarzwurzelwald

Schwarzwurzel-Quiche

Nun kommt die Wintersaison, da gibt es Schwarzwurzeln, beim Gemüsestandl am Bauernmarkt auf der Freyung gibt es sie schon. Schwarzwurzeln kennt man hier landläufig höchstens als Beilage, etwa zur Stelze als Schwarzwurzelsalat. Als eigenständiges Gericht ohne fleischliche Hauptzutat geht Schwarzwurzel aber auch; – hier demonstriert als Schwarzwurzel-Ragout und Schwarzwurzel-Quiche. Schwarzwurzel kann eben auch anders. Deshalb nennt man sie auch den Spargel des Winters.


REZEPT SCHWARZWURZEL-RAGOUT

Schwarzwurzeln mit Einweg-Handschuhen schälen und in Essigwasser legen. In Scheiben schneiden, dabei die Schwarzwurzeln nicht länger als nötig aus dem Essigwasser herausnehmen, damit die Schwarzwurzeln an der Luft nicht oxidieren. Butter in einer Sauteuse aufschäumen, in 1cm dicke Scheiben geschnittene Schalotten darin anschwitzen, die Schwarzwurzeln dazu geben und 3 Min. darin braten, bis die Butter braun wird. Mit Wermut und der nebenbei aus Gemüseabfall entstandenen Gemüsebrühe ablöschen, aufkochen und zugedeckt 10 Min. köcheln lassen, bis die Schwarzwurzeln durch sind. In der Zwischenzeit den Petersil hacken. Dann das Gemüse abseihen, beiseite geben und den Sud noch einmal aufkochen. Frischkäse einrühren. Mit geriebener Muskatnuß, dem Abrieb einer Zitrone, Cayennepfeffer, weißem Pfeffer aus der Mühle und Salz würzen. A n r i c h t e n  Das Gemüse in die Sauteuse zurückgeben. Mit einem Schöpflöffel auf den Tellern verteilen. Verhackte Walnüsse dazugeben. Mit Petersilie bestreuen. Dazu eine Schnitte Roggenbrot.

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Vom Karnivoren zum Vegetarier

Seit Jahrtausenden aß der Mensch Fleisch, oft roh, mitunter gebraten. Höchstens ein paar Beeren gab es zwischendurch. Der Mensch war Jäger und Sammler. Dann entdeckte er das Gemüse. Und war Bauer geworden. Viel später erst fand er heraus, was man damit wirklich anfangen kann – in der Jetztzeit – und wie gut das schmeckt. Aber nun muß man kochen (können), um zu essen. Es hat eben alles seinen Preis.

Wien – Innere Stadt – Freyung

Hier ist alles um die Ecken selbst Schwarzwurzeln. Es gibt keine weiten Anreisewege, man braucht keinen Wagen. Einmal kurz umgefallen und schon ist man da. Bitte keine SUVs in Wien. Ist wirklich nicht notwendig.


REZEPT SCHWARZWURZEL-QUICHE mit Petersilienpesto auf Mandelboden

Schwarzwurzeln mit Einweg-Handschuhen schälen und in Essigwasser legen. In Scheiben schneiden, dabei die Schwarzwurzeln nicht länger als nötig aus dem Essigwasser herausnehmen, damit die Schwarzwurzeln an der Luft nicht oxidieren. T e i g Gemahlene Mandeln, Mandelmehl, geriebenen Parmesan, Ei, Butter, Salz, Pfeffer aus der Mühle, alles in eine Schüssel geben, verrühren und zu einem Teig kneten, ausrollen, in Backpapier im Kühlschrank für eine halbe Stunde rasten lassen. G u ß In der Zwischenzeit ein Petersilienpesto machen, dann die Crème fraîche, Ei, das Petersilienpesto, Salz und Pfeffer mit dem Schneebesen verrühren. Die Schwarzwurzeln in Wasser mit reichlich Salz vorkochen. B a c k e n Eine Form mit Backpapier auslegen und den Teig einlegen. Im Backrohr bei 200° Ober/Unterhitze eine Viertelstunde vorbacken. Dann den Guß hineingeben und die Schwarzwurzeln darauf schlichten. Eine Viertelstunde backen, bis der Guß fest und goldbraun ist. A n r i c h t e n Mit Petersilie bestreuen und servieren.

BM-EÜLC


Serviettenform: Sydney Opera House

Der Mandelteig hält alles, was ein Teig verspricht: genauso knusprig, wie ein Mehlteig.

Die Schwarzwurzel-Quiche kann man auch kalt essen.

Schwarzwurzel ist ein Gemüse, das viel Ballaststoffe enthält: 17g per 100g, das ist gut für den Darm. Wenn der Darm in Ordnung ist, fühlt sich der Mensch wohl.

Parmesan reiben für Teig und Pesto

Zu einem Schlager hat sich der neue Bosch-Fleischwolf entwickelt. Mit dem entsprechenden Aufsatz reibt die Hofköchin den Parmesan. Es geht schnell und es ist auch schnell wieder weggeräumt: sofort nach Verwendung den Aufsatz mit heißem Wasser ausspülen, trocknen und wegräumen. Wird verwendet anstelle der Zauberrette. Die Zauberrette hat dadurch ihren Sinn nicht verloren: mit ihr wird das Pesto gemacht.


Weinbegleitung Dazu paßt ein Rotwein, elegant nicht üppig: Umathum, Frauenkirchener Ried Hallebühl, Zweigelt 2019


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Am Bauernmarkt auf der Freyung

Auf dem Weg zum Bauernmarkt auf der Freyung

Freunde, das Leben ist lebenswert! Diese herrlichen Töne1 wurden uns entgegengeschmettert, als wir zu Hause ankamen. Das Auto hatten wir zu Hause stehen gelassen, zurück ließen wir uns mit dem Taxi kutschieren. Anders war es nicht möglich, die Überführung der kostbaren Fracht von der Freyung2 zu bewältigen. „Oder sollen wir es selber tragen?“, um auf eine LKW-Werbung anzuspielen. Auf den Sitzplätzen der öffentlichen Verkehrsmitteln habe ich kaum Platz – und das ohne Sack und Pack. Nach dem Wochenendeinkauf mit dem Taxi nach Hause zu fahren, durch die City der lebenswertesten Stadt der Welt3, das hat seinen eigenen Reiz. Man fährt teils auf nur für Taxis erlaubten Schleichwegen: vorbei an der Warteschlange vorm Café Central zum umgebauten Michaelerplatz mit dem Fiakerstandplatz, an der Hofburg vorbei weiter zur Spanischen Hofreitschule, an der Nationalbibliothek vorbei, die Ausstellung Anton Bruckner vormerkend, zur Albertina, Marc Chagall vormerkend.


Begonnen haben wir, nach einem Kaffee beim Heiner, mit dem Gemüsestand Priber aus Oberpullendorf/ Burgenland. Schwarzwurzeln, Topinambur, rote Bete, Kohlrabi, Erdäpfeln, Knoblauch, braune Champignon, Kräuterseitlinge, Jungzwiebeln, Zucchini. Melanzani, Paprika, rote Zwiebeln, Salbeiblätter, Rosmarin, Petersilie, bunte Radieschen, Sauerkraut und  Äpfel der Sorte Kronprinz Rudolf, die Wohlschmeckenden; – und alles frisch aus der Erden oder vom Baum natürlich. Dann ging es weiter zum Stand von Thum, seines Zeichens Schinkenmanufaktur. Dort habe ich gleich einmal eine Leberkässemmel eingeworfen, zum Gabelfrühstück. Dieser Stand ließ unsre Herzen höher schlagen! Mangalitza-Schopfbraten, Mangalitza-Schinken, Mangalitza-Prosciutto, Mangalitza-Chorizo, Mangalitza-Verhackertes, Mangalitza-Rohschinken direkt von der Keule abgeschnitten. Schweinsbraten vom Wollschwein gibt es auf Vorbestellung. Darauf kommen wir bestimmt noch zurück! Dann zur Bäckerei Schrott. Handsemmeln, Roggenbrot, Topfengolatschen. Und dann zum Kräuterhaus Dr. Kottas und weiter zum Käsestandl…


Es gibt auch noch andere Stände, wie den Stand mit den Korbwaren, der auch Thonetstühle neu bespannt. Oder den Fischstand. Wir haben aber auch nicht den Guanciale-Speck mitgenommen oder die Mangalitza-Blunzn. Dafür gibt es ein nächstes Mal! Den Klosterladen im Schottenstift müssen wir auch noch besuchen. Denn dort gibt es Blün, den Fisch-Gemüse-Kreislaufbauern4! Von Blün hatten wir früher, als wir noch bei gurkerl einkauften, Welsfilets, Wels-Leberkäs und Gemüse, das uns immer sehr gut geschmeckt hat. Nächstes Mal müssen wir mit der Scheibtruhe hinfahren.

Bauernmarkt oder Supermarkt?

Sicher, man muß von einem Stand zum anderen gehen und alles selber zusammentragen. Aber das haben wir beim Supermarkt auch, da können wir auch nicht alles in einem Supermarkt kaufen; – abgesehen davon daß die Ware, die wir am Bauernmarkt auf der Freyung bekommen, im Supermarkt gar nicht zu finden ist. Und dann noch die Selbstbedienung, die Berieselung durch das Eigenbau-Radio mit der Dauerwerbesendung, das Anstellen am Förderband bei der Kassa… was soll daran so „super“ sein? Da gehen wir lieber auf den Bauernmarkt.

Den Markt auf der Freyung gibt es in der Form als Bio-Bauernmarkt seit 1993. Aber einen Markt dort beim Austriabrunnen hat es „immer schon“ gegeben, seit dem Spätmittelalter.


Links:

1„Freunde, das Leben ist lebenswert“, gesungen von Richard Tauber, gespielt von den Wr. Philharmonikern unter dem Dirigat von Franz Lehár – besser wird es nicht! Die Doppel-CD „Traumland der Bühne – Die großen Premieren“ kam zeitgleich mit uns an.

2Bauernmarkt auf der Freyung, Innere Stadt, Wien

https://biobauernmarkt-freyung.at

3 Wien erneut zur lebenswertesten Stadt der Welt gekürt

https://www.zeit.de/entdecken/reisen/2024-06/wien-lebenswerteste-stadt-economist-ranking

4Aquaponik – Fischzucht und Gemüseanbau im Kreislauf bei Blün

https://bluen.at/pages/aquaponik


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Scharfer Erdnußtofu auf Karfiolbrösel

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Auf vielen Kochbüchern strahlt einem die Autorin entgegen. Auf den Büchern von Bettina Matthaei ist nichts dergleichen, kein Foto von ihr, dafür Bilder von ihren Gerichten; – ihre Kreationen müssen für sich selbst sprechen. Blättert man nun in einem jener Kochbücher, findet man eindrucksvolle Bilder von glücklichen Menschen oder schönen Landschaften, die einander abwechseln; wie nebenbei sind dazwischen ein paar Rezepte eingefügt; – das vermittelt den Eindruck einer gewissen Leichtigkeit, einem Lebensstil, den man vielleicht für sich auch gerne haben möchte. In einem Bettina-Matthaei-Kochbuch dagegen türmen sich die Rezepte auf. Mit kurzen Besprechungen versehen und Hinweisen, die man beherzigen möge, die Einsicht geben in das Innere ihrer hervorragenden Rezeptkreationen. Was will man nun? Will man ein Lifestyle-Buch kaufen oder ein Kochbuch? Meist wollen die Leute ein Lifestyle-Buch, denn die gehen offenbar so gut, daß es sie massenweise gibt. Aber gut, beim ESC geht es ja auch schon längst nicht mehr so um die Musik.

Scharfer Erdnußtofu auf Karfiolbrösel

Bei Bettina Matthaei heißen die Karfiolbrösel Blumenkohl-„Polenta“. Aber ich kenne keine Gnade, das einzuösterreichern. Dieses Gericht ist wie das letzte Mal mit Tofu, aber nun wird der gerissene Tofu gebraten und zwar unter Rühren, Bettina M schreibt „rührbraten“; – ein Ausdruck, den ich noch nicht gehört habe, gefällt mir. Der Tofu wird in der Pfanne mit einer selbstgemachten Erdnußbutter aus Sambal Oelek – das ist nichts anderes als Chilisoße, haben wir von Stekovics – Tamari, etc. angemacht. Der Karfiol wird im Blitzhacker zerkleinert und ebenso rührgebraten. Dazu kommen gebratene Tomaten, gewürzt wird mit Schwarzkümmel,  Kurkuma und ein wenig Salz. Der Karfiol mit dem Schwarzkümmel hat einen neuartigen Geschmack, alles schmeckt irgendwie anders, aber es schmeichelt dem Gaumen wunderbar. Wir streuen noch ein bißchen Micro Greens darüber, Kapuzinerkresse.

Dazu gab es Rotwein, einen Pinot Noir, 2020, vom Weingut Schiefer, Südburgenland, 4 Stunden lüften. Ein edles Tröpferl. Bei Wolfgang Puck am Flughafen habe ich einen Pinot Noir getrunken, der war gut! Deshalb mußte nun ein Pinot Noir her. Aber man muß ihn ausreichend lange lüften, damit er seine ganze Kraft entfalten kann. Dadurch daß das Gericht scharf ist, hat es wenig Sinn dazu etwas Anderes als Wasser zu trinken. Der Wein kommt dann nachher, nachdem man den Mund gut mit Wasser ausgespült hat.

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Burger Zucchini Aubergine TS

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Ein Burger nur mit Gemüse, ohne Fleisch und auch kein Fisch. Und auch kein Ketchup und kein Senf und keine Mayonnaise. Geht das? Ja das geht.

Anstatt eines Rezepts, ein Bericht wie wir es gemacht haben:

Zutaten für 4 Burger:

4 Burger Brötchen

1 Aubergine etwa 400 g

2 rote Zwiebel

5 Knoblauchzehen

1 paar Tropfen scharfes Chiliöl

1 großen Paradeiser

1 große Zucchini

Getrockneten Thymian

Salz

Olivenöl

1 Bund Koriander

Eine rote Zwiebel feingehackt. 4 Knoblauchzehen gerieben. In Olivenöl hell angeschwitzt. Die halbe Aubergine würfeln mit 1 cm Kantenlänge, dazugegeben. Gesalzen. Getrockneten Thymian hineingegeben. 5 Min. angeschwitzt. Auf die Seite gestellt. Auskühlen gelassen. Einen Bund Koriander fein gehackt. In den Topf mit den Zwiebeln dazugegeben. Ein paar Tropfen Stekovics-Chiliöl dazugegeben, Achtung: scharf! Bis zum Servieren ziehen gelassen. Den restlichen Teil der Aubergine in Scheiben geschnitten, von 5 mm Dicke. In der Pfanne mit Olivenöl beidseitig angebraten. (Achtung Rauchentwicklung!) Brötchen halbiert und in einer anderen Pfanne auf der Schnittfläche angeröstet. (Rauchentwicklung) Die geröstete Fläche mit einer halbierten Knoflzehe berieben. 1 Paradeiser und 1 Zwiefl in Ringe geschnitten. A n r i c h t e n Zwischen den Brötchenhälften: erst eine Scheibe Aubergine, dann mit dem Zwiebel-Würzmischung bestrichen, Aubergine, Zucchini. Zwiebelringe, eine Scheibe Tomaten, dann den Salat.


Nach Alain Ducasse, Nature II, 2017, Gemüseburger, S. 312

Das ist wahrer Gaumenkitzel
Mehr Gemüse wenig Schnitzel.

Aus Alain Ducasse, Nature II

Gedanken

Starke Rauchentwicklung beim Grillen der Zucchini-Scheiben und bei den Brötchen. Bei uns hat es -1° C. Wir hatten das Fenster trotzdem offen, man darf sich nicht beklagen: es ist ja Winter.

TS steht nicht für Tomatenketchup und Senf. Sondern für Tomate und Salat, wie das in vielen Burger vorkommt.

Der Salat ist so knackig, daß das obenliegende Brötchen davonfliegt, so eine Sprengkraft hat der. Man müßte ihn blanchieren, um ihm die Steifigkeit zu rauben. Aber seien wir ehrlich: wer will das schon.

Man braucht kein Fisch kein Fleisch um einen guten Burger zu bauen.

Ein Burger ist mehr als die Summe seiner Einzelteile. Man könnte auch alles Gemüse separat anrichten, mit einem Stück Brot dazu… wäre nicht so gut.

Bei einem Burger ißt man alles auf einmal, bei jedem Bissen. Deshalb schmeckt es so gut – das ist des Pudels Kern. Vielleicht sollte man herkömmliche Gerichte in Burger umwandeln?

Schmeckt sehr gut… und gesund ist’s auch noch.

Ergebnis

Das hat sehr gut geschmeckt, jederzeit wieder, sehr zu empfehlen. …wenn man nichts gegen ein bißchen Rauchentwicklung hat.

Selbstgemacht schmeckt am besten

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Das Not-Invented-Here-Syndrom beschreibt, warum einem Selbstgemachtes am besten schmeckt. Es sind die eigenen Ideen, in die man sich verliebt. Der Verfasser eines schlauen Buches über Fallen, die das Leben stellt und denen man besser entgehen sollte1, hatte eines Tages beschlossen, mal selbst zu kochen, eine Seezunge, und zwar mit einer Fischsoße, nach einem Rezept, das er selbst erdacht hat. Er fand seine Soße herrlich, seine Frau scheußlich. 2 Wochen später gab es wieder Seezunge, dieses Mal kochte seine Frau. Es gab 2 Soßen dazu, die eine war die klassische Buttersoße des Hauses, über jeden Zweifel erhaben; und die andere eine Kreation eines Küchenchefs aus Frankreich. Die zweite fand er scheußlich. Da eröffnete ihm seine Frau, daß die als von einem hochdekorierten Küchenchef ausgegebene Kreation in Wahrheit seine eigene war, die er ihr vor 2 Wochen serviert hatte,- seine Frau hatte ihn des Not-Invented-Here-Syndroms überführt: es schmeckte ihm die Soße nur deshalb so überragend gut, weil er sie selbst gemacht hatte.


Das sollte uns eine Warnung sein, die wir die selbstgemachten Speisen preisen! Das NIH-Syndrom lauert immer und überall, so auch in der Küch: wer seine Speisen Marke Eigenbau, spontan am Küchentisch erfunden, einem Kochbuch vorzieht, mit tausendfach bewährten Rezepten, der unterliegt dem NIH-Syndrom, ganz außerordentlich! Außer man ist selbst ein begnadeter Küchenchef und kann sich gar nicht zurückhalten, vor lauter fantastischen Einfällen, ein Michelangelo der Kochkunst. Aber Genies sind bekanntlich rar gesät.


In der Fotostrecke ein paar Gerichte der letzten 6 Tage die dem Prinzip Unaufgeregtes, nicht selbst Erfundenes folgen. Aber selbst gekocht natürlich ist es schon!

1 Rolf Dobelli: Die Kunst des klugen Handelns, München, 2020