Ziemlich genau am selben Tag wie letztes Jahr hatten wir wieder eine Nahtoderfahrung, dieses Mal auf der Rückreise aus Podersdorf auf der S1, als ein Klein-LKW plötzlich vor uns stand auf der linken Fahrspur in einer Linkskurve, wir konnten gerade noch ausweichen und wurden hernach von diesem Klein-LKW verfolgt. Dieser war uns schon vorher aufgefallen, da er immer wieder Andeutungen nach rechts machte, als ob er einnicken würde, also ließen wir uns zurückfallen, und plötzlich stand er vor uns. Möglicherweise ist er mitten auf der Autobahn eingeschlafen, auch der Beifahrer, und unser Hupen hat ihn wieder aufgeweckt. Andere Verkehrsteilnehmer hatten auch einen höchst eigenartigen Fahrstil (anfahren bis man auf gleicher Höhe ist, dort bleiben und dann bremsen), doch der war das Schlimmste. Auch gab es wieder eine Anpöbelung, weil wir ein Wiener Kennzeichen haben, in der Hölle (Illmitz, Ortsteil Hölle) bei Schrittempo schrie uns eine entgegenkommende Radfahrerin etwas Unflätiges zu. Ehrlich gesagt, hat uns das die Stimmung ziemlich vermiest. Bis dahin hat es uns im Burgenland ganz gut gefallen. Doch so bald wird uns das Burgenland nicht mehr wieder sehen. Es ist wie russisches Roulette, es hat schon ein paar Mal Klick gemacht, doch war glücklicherweise keine Kugel im Lauf. Wir möchten das Glück nun nicht mehr herausfordern.
Unser Ziel war Podersdorf am See, wohin man zum Baden fährt, doch wir hatten einen anderen Grund, einen Feinschmeckergrund. Das Gasthaus zur Dankbarkeit befindet sich dort. Wenn man es nicht kennt, fährt man daran vorbei, es liegt an einer Kurve vor dem Ortsende, die aussieht wie in unzähligen anderen Orten. Doch wenn man einmal im Gastgarten ist, hört man von der Straße nichts mehr, außer wenn eine Kolonne Harleys vorbeidonnert, das ereignete sich aber nur einmal. Wir kamen pünktlich wie es sich gehört um 12:00 Mittags an, die Sirenenprobe heulte gerade los, Wir waren die ersten Gäste und so konnten wir uns den Tisch aussuchen. Wir nahmen unter einem der mächtigen Kastanienbäume Platz, sehr schattig. Hier ließ es sich aushalten, trotz sengender Hitze, man braucht keine Klimaanlage, ein Baum genügt.
Wir hatten vor, einmal die Speisekarte von ganz oben bis ganz unten durchzuprobieren: also begannen wir mit einem Aperitif, einem Vitamin-Cocktail alkoholfrei. Dann gab es einen Gruß aus der Küche, Aufstrich, Butter, Mangalitzawürste mit Brot, ich glaub es war auch ein Sauerteigbrot dabei. Mit Stoffservietten, die Kellner stehen am Rand bei der Kassa und doch in der Mitte und warten, bis sie gerufen werden, der Teller wird sofort abgeräumt, serviert wird ausschließlich von rechts, so stelle ich mir Wirtshauskultur vor.
Dann folgte die Jiddische Hühnerleberpastete mit Brioche, wegen der wir überhaupt gekommen waren. Sie war sehr fein, viel feiner als wir uns das vorgestellt haben, und auch gemacht haben, siehe hier. Dazu gab es eine Trockenbeerenauslese 1998, wir nahmen nur ein Glas für zwei.
Das Gasthaus zur Dankbarkeit haben wir entdeckt, als wir zur Jiddischen Hühnerleberpastete nachgeforscht haben, siehe hier. Als Mitbringsel haben wir zwei Gläser davon mitgenommen.
Dann folgte eine Krautsuppe wie ein Eintopf. Das könnte als vollwertige Mahlzeit durchgehen, mit Fleisch und so gut, Dann einmal die Mangalitza-Bratwürstel und einmal ein kleines Beuschel. Auch das ein Hochgenuß! Danach war mal Pause angesagt. Ich bestellte mir ein Glas Cuvée Wiedehopf, 2021, Pfirsich-Aromen, voll und rund. Dann ging es weiter mit einem geschmorten Steppenrind mit Paprika-Zucchinigemüse, wobei ich sagen muß, das Gemüse war ein Gedicht, das Fleisch natürlich auch, aber beim Gemüse hat es mich umgehauen. Die Küchenfee nahm die Eierschwammerl mit Rahmkohl und Grießlaibchen, auch sehr gut, ich kann es nicht beschreiben.
Die Nachspeisen waren auf einer eigenen Karte, darauf waren Schomlauer Nockerl. Das war es!
Ein Gast neben uns ließ sich die Rechnung kommen, mit den Worten „Herr Ober? … eine gnädige Rechnung bitte.“ Seit der Großen Inflation sind die Preise sehr gestiegen, nicht nur in der Gastronomie, ein 1-Liter-Tonkrug kostet nun 100 Euro, auch der halbe-Liter-Krug, wie man uns sagte. Sie würden von einer Frau gemacht, die sie 7 Tage lang im Ofen brennt. Wir konnten keinen Rabatt aushandeln (“Machen Sie einen anständigen Preis.“) So blieb das Geld bei uns und der Tonkrug gehörte weiterhin der Dame.
Am Nachbarstisch war eine Damenrunde, sehr ausgelassen, aus deren Richtung vernahm ich das Wort „Fräulein?“. Lange nicht mehr gehört.
Gasthaus zur Dankbarkeit https://dankbarkeit.at/
Ergänzung vom 4.9.2023 – Grüße aus Güssing
Nun hat uns auch noch eine Anonymverfügung aus dem Burgenland ereilt: 45 Euro wegen Schnellfahrens (86 km/h statt 70 km/h), außerhalb des Ortsgebietes, vor der Einfahrt nach Podersdorf, als wir auf dem Weg zur Dankbarkeit waren. Haben wir vermutlich übersehen, wir fahren so langsam, wie gesagt 86 auf der Bundesstraße, daß uns laufend Kfz überholen, vor allem die mit burgenländischem Kennzeichen, die fahren nämlich wirklich schnell… Aber dafür gibt es keine Nachsicht! Nicht im Burgenland! Dort wird gestraft! Gezählte zwölf Mal kommt in der Anonymverfügung das Wort Strafe alleine stehend oder im zusammengesetzten Hauptwort vor. Im Burgenland wird man ausgenommen wie eine Weihnachtsgans. An dem einzigen Tag, an dem wir dieses Jahr im Burgenland waren. Aber man muß ja nicht hinfahren.
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