Bruckner Spezial

Bruckner Spezial

„Einmal Bruckner Spezial bitte“ und schon kommt ein Geselchtes mit Kraut und Kartoffelknödeln. Dazu Sturm. Dies kommt dem Lieblingsessen von Anton Bruckner ziemlich nahe. Der hatte Griesknödeln, haben wir nicht bekommen und Most statt Sturm, aber Sturm ist ein in Gärung befindlicher Most. Deshalb steht auf der Kapsel: Stehend lagern.

Anton Bruckner wäre heute, am 4. Sept. 2024 200 Jahre alt geworden. Prost!

Dieses Essen ist deftig und urwüchsig, man möchte sich fast den Mund im Ärmel abwischen, nachdem man gegessen oder einen Schluck Sturm getrunken hat. Und man fragt sich, wie jemand mit so einem bodenständigen Gemüt solch Musik komponieren konnte. Nun vielleicht liegt es genau daran, daß man nur von einer festen Grundlage ausgehend, sich zu neuen Höhen aufschwingen kann. Auch der Küchenfee hats geschmeckt.


Fotos und Text © 2024 https://kuechenereignisse.com

Deutsch vom Scheitel bis zur Sohle

Fotos und Text © 2023 https://kuechenereignisse.com

Krautrouladen mit Braunschweiger Kohl, jener alten Sorte aus der Mitte Deutschlands; gefüllt mit Rinderfleisch-Hack, dazu Kartoffeln und Gemüse. Das ist deutsch vom Scheitel bis zur Sohle.

K r a u t –   o d e r   K o h l r o u l a d e n , das ist hier die Frage. „Krauts“ sagten die G.I.s, wenn sie die  Deutschen meinten, dabei sagt man nur im bairisch-österreichischen Raum Kraut. Wenn man nach Norden kommt, hört man das Wort Kohl. Beim Sauerkraut sind wir uns einig, da sagen alle Deutschsprachigen Sauerkraut dazu, denn zu Kraut wird es geschnitten. Kohldampf haben sagt man, wenn man Heißhunger hat. Lass mich im Kraut, wenn man seine Ruhe haben will. Denn Kraut muß 7-10 Tage stehen gelassen werden, wenn es vergoren wird.

D e u t s c h   v o m   S c h e i t e l   b i s   z u r   S o h l e  war das Motto. Es standen zur Auswahl: Kohlrouladen oder Schnitzel mit Tunke. Wir entschieden uns für die Krautrouladen, da ich viel zu viel Mitleid habe mit einem ertränkten Schnitzel. So ein Schnitzel mit Tunke rief sogar einmal die Wiener Polizei auf den Plan1.

W e r   m e h r  über typisch Deutsches wissen will, über Autobahnen und Gartenzwerge, Waldeinsamkeit und Zapfenstreich, der lese, was ein äthiopischer Prinz mit deutscher Staatsbürgerschaft darüber zu sagen hat: Asfa-Wossen Asserate, Deutsch vom Scheitel bis zur Sohle, Die Andere Bibliothek erscheint am 10. Okt. 2023. Wir sind Vorbesteller.

D a s   B u c h   ü b e r   d i e   M a n i e r e n war schon nicht übel. Eine Kostprobe von S. 83ff: „Durch Amerika hat sich in Europa die Doktrin einer „Offensive des Lächelns“ verbreitet, aber sie hat sich zum Glück nicht allgemein durchgesetzt. […] Alle sollen immerzu, wenn sie sich begegnen, in einer Laune sein, als hätten sie beim Quiz im Fernsehen soeben eine Waschmaschine gewonnen, oder als seien sie im Begriff, einen solchen Gewinn zu überreichen. […] Früher war ein Postbeamter mißgelaunt und wortkarg und durfte das auch sein, denn er vertrat den grimmigen Staat, und da gab es ohnehin nichts zu lachen. Heute hört man, wenn man anruft, um sich zu beschweren: „Guten Tag und willkommen bei der Deutschen Telekom. Mein Name ist Regina Kowalewski. Was kann ich für Sie tun? Eine Beschwerde? Da muß ich Sie weiterverbinden. Schönen Tag noch und vielen Dank für Ihren Anruf bei der Deutschen Telekom!“ […] Ein guter alter Freund aus Wien […] hatte auch eine überzeugende Etymologie für den „Grant“ parat, der das genaue Gegenteil zu der eben erwähnten Freundlichkeitsüberschwemmung ist: Knurrigkeit, Bissigkeit, Schroffheit, Skepsis, Unbestechlichkeit und Unbeeindruckbarkeit. […] Seit den Tagen Karls V., der als spanischer König Karl I. gewesen sei, [seien] viele Spanier in Wien zu sehen gewesen, […] höchster Adel, die wohlbekannten „Granden aus Spanien“, die für ihren Hochmut und ihre abweisende, schroffe Miene berühmt gewesen seien, so daß man in Wien von einem hochfahrenden, verschlossenen Menschen sehr bald gesagt habe, er betrage sich wie ein Grande, eben grandig, oder auch gleich grantig.“ Wien wird seit Jahren vom Expat-City-Ranking zur grantigsten Stadt der Welt gekürt, so auch 2022 wieder2. Nach den Worten von Asfa-Wossen Asserate kann man direkt ein bisserl stolz sein auf seine Heimatstadt. Es soll ja Reiseleiterinnen geben, die beim Anblick einer Truppe, die aus dem Charterflug aus Wien aussteigt, aufstöhnen: „Um Gotteswillen, die Maschin aus Wien ist da! Die Motschkerer kommen!“

B r a u n s c h w e i g e r   K r a u t  eignet sich am besten für Kohlrouladen, seit je her, da es großflächige glatte Blätter hat, in die man das Faschierte einwickeln kann, ohne daß es gleich zerreißt. Man nennt es Braunkohl, weil sich angeblich die Blätter ins Bräunliche verfärben3. Aber vielleicht auch nur, weil von „Braunschweiger“ das „schweiger“ abhanden gekommen ist.


Rezept Braunschweiger Kohlrouladen – Haferflocken-Fassung

Die Braunschweiger Kohlblätter 2 Min. blanchieren. Haferflocken, Quark, Rindhackfleisch, mit geschnittenen Zwiebeln, gewürfeltem Knoblauch. Paprikapulver, Salz, Pfeffer und Ei zu einer Masse vermischen, Häufchen in je ein Blatt Braunschweiger Kohl schlagen und einrollen. Die Krautrouladen in einer Pfanne mit Rapsöl anbraten, danach die geschnittenen Möhren, Petersilwurzen, kleine weiße Zwiebeln und Kartoffeln. Herausheben, mit Suppe begießen, mit Lorbeerblatt und Wacholderbeeren würzen, salzen, pfeffern. Gemüse und Krautrouladen wieder hineingeben und mit dem Deckel drauf 25 Min. bei mittlerer Hitze dämpfen. Die Soße mit Maisstärke binden und die Kohlrouladen mit dem Gemüse servieren.

Inspiriert von S. 187 Medical Cuisine


1https://www.heute.at/s/schnitzel-mit-tunke-ruft-wiener-polizei-auf-den-plan-100243970

2https://www.vienna.at/expats-ranking-oesterreich-unfreundlichstes-land/8179273

3https://www.weser-kurier.de/bremen/gruen-oder-braun-das-ist-hier-die-frage-doc7e4ffzb9iohc5eyui45

E s s e n   i s t   i m m e r   e i n   E r l e b n i s .

Schnelle Küche: Schopf mit Kraut

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und Chili-Pesto und Röstinchen. Wer genau hinschaut, bemerkt, wie bekömmlich das aussieht: das Kraut muss man nur in Form bringen, mit einem Ring, und auch das Fleisch sieht gut aus, wenn es richtig gebraten ist. Das geht schnell und man hat etwas für unter der Woche.

Kraut auf Schweineschmalz scharf anbraten, Kümmel drauf und fertig. Schweinsschopf auf Schweineschmalz anbraten, salzen. Und dazu Röstinchen. Anrichten: dazu ein Chili-Pesto von Grossauer.

Fazit: Man muss nicht immer alles selber machen und trotzdem schmeckt es ausgezeichnet.

Der Unter-der-Woche-Koch

Winterwald-Krautfleckerl

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In der kalten Jahreszeit sind Krautfleckerl unverzichtbar, sie wärmen von innen her und sie sind einfach zu machen. Aber wie genau soll man die Krautfleckerl machen: mit Pfeffer, Zucker oder Honig? Salzig oder süß? Das ist die große Frage bei Krautfleckerl. Wobei Zucker und Honig ist beides süß. Man könnte die Varianten auch mischen. Und diese dritte Variante mit Karamellisieren und nachher Pfeffer drauf ist die Beste. Noch nie habe ich so gute Krautfleckerl gegessen: was ein bißchen Schweineschmalz und Honig bewirken kann…


Rezept

Kraut Schweineschmalz in der Pfanne auslassen, Honig dazu geben und karamellisieren lassen. Das Kraut mit der Zauberette mit der großen Lochscheibe raspeln. Das Kraut mit Salz vermischen und ziehen lassen, es entwässert sich. Das Kraut gut ausdrücken und das Salzwasser auf die Seite stellen. (Beim Andünsten kann das Kraut austrocknen, und dann nimmt man dieses Wasser.) Kraut in die Pfanne mit dem Honig geben und auf mittlerer Hitze so eine dreiviertel Stunde Stund zugedeckt dünsten. Immer wieder rühren, rühren. Fleckerl nach Packungsangabe kochen. Abgießen und dabei nicht vergessen, eine Tasse Nudelwasser auf die Seite stellen. Nudeln zum Kraut geben und wenn nötig, etwas vom Nudelwasser einrühren. Anrichten Mit Chicorée-Salat servieren. Pfeffermühle dazu stellen.


Zum ersten Adventsonntag

Es treibt der Wind im Winterwalde

Die Flockenheerde wie ein Hirt

Und manche Tanne ahnt wie balde

Sie fromm und lichterheilig wird;

Und lauscht hinaus. Den weissen Wegen

Streckt sie die Zweige hin – bereit

Und wehrt dem Wind und wächst entgegen

Der einen Nacht der Herrlichkeit.

„Advent“, Rilke, Schmargendorf, Berlin, im Dezember 1897

Schweinsripperl mit Sturm und Kraut

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Sturm nach Wien zu führen, ist ja schon ein bißerl wie Eulen nach Athen tragen. Trotzdem haben wir einen „Roten Sauser“ (teilweise gegorener Traubenmost) und einen „Rheinischen Federweißen“ (Deutscher Rheinischer Landwein) in der handlichen Einliterflasche mitgenommen. Nicht liegend lagern, nicht verschließen, all diese Vorsichtsmaßnahmen sind uns wohlbekannt. Wir wußten, was auf uns zukommt und wurden nicht enttäuscht: der deutsche Sturm hat gemundet. Mahlzeit, bei uns sagt man Mahlzeit, wenn man Sturm trinkt. Prost nur bei Wein, wenn er getauft ist. Die Schweinsripperl mit Spitzkrautsalat und Kartofferln haben wir mit dem „Roten Sauser“ gegessen. Die Schweinsripperl waren besonders fleischig und saftig (von der Fleischerei Ringl), das dezente Spitzkraut: ein Schmankerl vom Feinsten; wir hatten uns etwas Senf dazugestellt, aber nicht gegessen, das hätte den guten Geschmack nur gestört. Sturm und Kraut waren völlig ausreichend als Beilage. Senf wäre zuviel gewesen.

Schweinsripperl mit Sturm und Kraut

Für den Krautsalat: etwas Honig in einen Topf geben und bei mittlerer Flamme karamellisieren lassen. Mit Weißweinessig ablöschen. Einköcheln. Salz und ganzen Kümmel einrühren. Noch heiß auf den dünngeschnittenen Spitzkraut draufgießen, gut durchrühren, und eine Stunde ziehen lassen, hin und wieder durchrühren. Vor dem Servieren die gehackte Petersilie untermischen. Schweinsripperl mit einer ungarisch-spanischen Gewürzmischung, einer seltenen, umso trefflicheren Kombination: ungarische getrocknete Gewürze von Rosmarin bis Senfkörner und spanisches, geräuchertes Paprikapulver, einmal süß, einmal scharf, Pimentón dulce e picante, mit etwas Salz, gepressten Knoblauchzehen und Olivenöl zu einer Paste vermischen. Die Ripperl in vier Teile teilen (lassen) und auf allen Seiten damit bestreichen. In eine Bratreine legen. Und die Bratreine mit einem Backpapier abdecken. Im Backrohr bei 180 Grad braten. In der Zwischenzeit die Zitronenschale, den Zitronensaft und Honig gut miteinander verrühren. Nach dreißig Minuten die Ripperl aus dem Ofen nehmen, das Backpapier weggeben, und mit der Honig-Zitronen-Mischung auf allen Seiten bestreichen. Nochmals ins Rohr schieben und bei 180 Grad zirka eine Dreiviertelstunde fertigbraten. Dazu gibt’s Bratkartoffeln.

Link Weinhaus Krauß


Krautfleckerl

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3 kleine gehackte Zwiebeln in einer Pfanne mit 4 EL Butterschmalz anschwitzen. 1 TL Honig dazu geben und karamellisieren. Das Braunschweiger Kraut halbieren, den Strunk herausschneiden, die Blätter herunternehmen, übereinanderlegen und in rautenförmige Streifen schneiden. Das Kraut in die Pfanne geben. Salz, Kümmel und Pfeffer dazu geben. Das Kraut braten, dann mit Rinderbrühe aufgießen. Zudecken und zirka eine Viertelstunde bissfest kochen. Deckel abnehmen und köcheln lassen, bis die Flüssigkeit verdampft ist. Die Fleckerl in Salzwasser kochen, abseihen und dazugeben. Mit Kümmel und Pfeffer würzen.

Bummerlsalat dazu und servieren.

Waldviertler Martini-Gansl wie früher

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Früher leistete man sich etwas, wenn man zu Martini bei einem Ganslessen dabei war. Als es noch keine TK-Gans im Supermarkt gab, hat man sich ein Jahr lang darauf gefreut – und fleißig gespart, um sich ein Ganslessen leisten zu können. Zu diesem Zweck ist man im örtlichen Wirtshaus einem Sparverein beigetreten. Die Verwaltung der Gelder wurde einer vertrauenswürdigen Person, dem Kassier, übertragen, sodass dieses übers Jahr oft vom Mund abgesparte Geld auch tatsächlich am Ende des Jahres, am Auszahltag, meist im November Dezember in der Martiniganslzeit, zur Verfügung stand. „Das Gansl ist da!“ war Ausdruck höchster Glückseligkeit und Bestätigung für die reibungslose Funktion einer Institution, die es heutzutage nur noch selten gibt. Der Sparverein ist eine für unsere Lebensart wie sonst nur das Schweinsschnitzel und der Veltliner stehende Institution, die längst ausgestorben ist. Nur am Land, vereinzelt in irgendwelchen Herrgottswinkeln, trifft man sie noch an. Aber wofür sollte man auch sein Erspartes in einem Sparverein anlegen, wenn doch alles und jedes Erdenkliche an jedem Eck zur Verfügung steht? Und das zu enorm tiefen Preisen. Heutzutage kann man sich ohne weiteres mehrmals im Jahr ein Ganslessen leisten. Eine Gans aus der TK-Truhe kostet nur einen Bruchteil, etwa ein Viertel, von einer Gans, die wie früher aufgezogen wurde. Nur schmeckt es halt nicht so gut wie eine Gans, die sich das Jahr über die Füße auf der Weide vertreten hat und die gemütlich durch den Teich geschwommen ist. Die über den Hof gewatschelt ist und sich von Gras und Kräutern ernährt hat, in echt und nicht nur in der Werbung. Wir hatten eine Martinigans aus dem Waldviertel, die so, wie es früher einmal war, auf der Weide gehalten wurde. Mit Knödel von Erdäpfeln aus dem Waldviertel und natürlich Rotkraut.